Dennis L.
Wie eine aktuelle Studie nachweisen konnte, ist ein Berufswechsel nicht immer vorteilhaft für den Arbeitnehmer und in vielen Fällen sogar mit einem sozialen Abstieg verbunden. Zudem wird oftmals vergessen wichtig Unterlagen, wie die Berufsunfähigkeitsversicherung, zu aktualisieren.
Bamberg (Deutschland). Obwohl bereits eine alte Redewendung mahnt „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“, so wird dies immer mehr Menschen zunehmen schwerer fallen. Der Grund dafür ist, dass heute ein Berufswechsel zur Normalität gehört und auch in Zukunft immer mehr Menschen nicht in ihrem erlernten Beruf arbeiten werden. Diese Schlüsse ziehen Matthias Dütsch, Olaf Struck und Verena Liebig von der Universität Bamberg, wie die Hans Böckler Stiftung berichtet. Aus den erhobenen Daten geht klar hervor, dass Beschäftigte häufiger ihren Beruf wechseln, wobei ihr sozialer Status zeitgleich unsicherer wird.
Die Forscher analysierten für ihre Studie die sogenannte horizontale Mobilität auf der einen Seite, welche vorliegt, wenn sich der erlernte und der ausgeübte Beruf unterscheiden, dieser aber eine ähnliche Stellung einnimmt, sowie die sogenannte vertikale Abwärtsmobilität, welche mit einem Statusverlust gleichzusetzen ist.
Auf dem Arbeitsmarkt sei die internationale Konkurrenz und der Innovationsdruck gewachsen, was sich auch deutlich in der Nachfrage bei bestimmten Berufsgruppen zeigt. Zeitgleich haben sich die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen durch Deregulierungen geändert. Dies hat laut Forschern eine erhebliche Ausweitung der atypischen Beschäftigung zur Folge.
Wie die Forscher bestätigen konnten, wechseln befristet Beschäftigte, Leiharbeiter sowie Minijobber häufig den Arbeitsplatz, wodurch sie selten die Gelegenheit haben, sich betriebsspezifische Kenntnisse anzueignen oder sich weiterzubilden. Umfragen ergaben zudem, dass häufige Betriebswechsel ein ebenso negatives Signal wie eine Arbeitslosigkeit sind. Die Forscher nehmen daher an, dass mit der Volatilität der Märkte und der Verbreitung instabiler Beschäftigungsverhältnisse auch das Risiko steigt, dass der soziale Status schwindet.
Bei einem Berufswechsel, gerade wenn dieser häufig passiert, werden zudem oftmals wichtige Formalitäten vergessen. Wie der Versicherungsmanager Clark in einer Untersuchung feststellen konnte, wird bei Berufswechsel besonders häufig die Anpassung der Berufsunfähigkeitsversicherung vergessen. Da sich diese unter anderem nach dem Unfall- oder Verletzungsrisiko eines bestimmten Berufes berechnet, könnte im Ernstfall kein Versicherungsschutz bestehen, was den sozialen Abstieg zusätzlich verschlimmern kann.
Um die These zu bestätigen, haben die Forscher auf einen umfangreichen Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zurückgegriffen. Mehr als deutlich, so berichten die Forscher, zeigt sich, dass sich die horizontale Mobilität vor allem am Anfang des Erwerbslebens deutlich erhöht hat. Bereits innerhalb der ersten fünf Berufsjahre haben über die Hälfte der männlichen und rund 38 Prozent der weiblichen Arbeitnehmer mindestens einen Berufswechsel hinter sich.
Ebenso eindeutig zeigt sich aber auch, dass bei diesen Personen die Abwärtsmobilität zugenommen hat. Laut den Forschern ist das Risiko, im erlernten Beruf sozial anzusteigen, im Untersuchungszeitraum um 117 Prozent gestiegen. Arbeitsnehmer, die ihren Beruf wechseln und dabei an Status einbüßen ist zudem 41 Prozent wahrscheinlicher geworden. Anhand der über 4.000 Personen haben schlussendlich fast jeder Dritte an Status verloren.
Nachdem klar war, dass ein Berufswechsel oftmals auch mit einem sozialen Abstieg verbunden ist, wollten die Forscher den Grund dafür herausfinden. So haben sie analysiert, welche Faktoren dies genau beeinflussen. So wird fachlich oder sozial unangemessene Beschäftigung wahrscheinlicher durch häufige Betriebswechsel, Leiharbeit, Befristung, längere Phasen von Arbeitslosigkeit und Entlassungen. Wobei eine schlechte Arbeitsmarktlage und eine ungünstige wirtschaftliche Situation die Destabilisierungstendenzen verstärken. Weiterbildungen senken hingegen das Risiko des sozialen Abstiegs.
Wie die Forscher abschließend schreiben, „der in zunehmendem Maße nicht gelingende Transfer beruflicher Qualifikationen bei zwischenbetrieblicher Mobilität auf eine sinkende Bindekraft der Beruflichkeit und auf steigende Risiken des Verlustes berufsfachlicher Qualifikationen hin“. Besonders problematisch sehen die Forscher dabei die deutliche Zunahme der Abwärtsmobilität.
Als konkrete Gegenmaßnahme empfiehlt das Forscher-Trio einerseits Änderungen bei der Ausbildung, welche ihrer Ansicht nach möglichst umfangreich sein soll und sich zudem an den vollständigen Arbeits- und Geschäftsprozessen orientieren soll und zum anderen sollten die Weiterbildungsmaßnahmen für atypisch Beschäftigte verbessert werden, da diese nachweislich vor dem sozialen Abstieg schützen.