Robert Klatt
Ausgangsbeschränkungen und Home-Office und die CO2-Steuer haben in vielen Haushalten für steigende Heizkosten gesorgt. Wie hoch diese tatsächlich sind, wissen viele Deutsche aber nicht.
Berlin (Deutschland). Eine Studie des Unternehmens tado zeigt, dass in Europa im Winter 2020/2021 deutlich mehr geheizt wurde als im Vorjahr, obwohl der Winter um 0,6 Grad Celsius wärmer war. Am stärksten ist das Heizaufkommen an den Wochentagen zwischen 8:00 und 18:00 Uhr in Italien (+ 22,4 %) und Spanien (+22,2 %) gestiegen. Deutschland liegt im Mittelfeld (+ 9,4). Verantwortlich für den deutlichen Anstieg des Heizaufkommens sind laut den Autoren Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie wie generelle Ausgangsbeschränkungen und Home-Office, die dazu geführt haben, dass die Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen.
In der zweiten Covid-19-Welle hat ein Großteil der Bevölkerung von Deutschland deshalb so viel Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht wie nie zuvor. Zusätzlich hat neue CO2-Bepreisung dazu geführt, dass das Heizen noch teurer wurde.
Mehr als die Hälfte der Bewohner von Mehrfamilienhäusern (69 %) empfindet die Heizkosten laut einer Studie das Unternehmens Techem deshalb inzwischen mittel bis sehr hohe finanzielle Belastung. Wie die finanzielle Belastung durch Heizkosten durch die Haushalte bewertet wird, hängt primär von deren Wohnsituation ab.
Knapp drei Viertel (71 %) der etwa führt sich derzeit in höherem Maße als normal durch die Heizkosten belastet. Der Anteil der Eigentümer (59 %), die die Heizkosten als mittlere bis sehr hohe finanzielle Belastung ansehen, ist hingegen signifikant niedriger. Auch das Alter spielt eine Rolle. In Deutschland fühlen sich laut der Studie Personen zwischen 18 und 29 Jahren deutlich weniger stark belastet als ältere Menschen.
Laut der Studiendaten fühlt sich ein Großteil der Deutschen durch die Heizkosten insgesamt finanziell belastet. Dies liegt jedoch auch daran, dass viele Menschen den Anteil der Heizkosten an den Nebenkosten falsch einschätzen. Lediglich ein kleiner Teil (13 %) der Befragten weiß, dass die Heizkosten je nach der individuellen Temperatur und weiteren Einflussfaktoren zwischen 40 und 60 Prozent liegen. Etwa die Hälfte (47 %) geht davon aus, dass die Heizkosten einen geringen Anteil der Nebenkosten ausmachen. Die übrigen Befragten konnten keine Einschätzung abgeben.
Obwohl viele Haushalte die Heizkosten als finanzielle Belastung ansehen, sieht ein Teil (42 %) keinen Grund dafür, das Heizverhalten anzupassen. Als Gründe dafür nannten sie die eigene Bequemlichkeit und das individuelle Wohlempfinden. Verändern würden die Haushalte ihr Heizverhalten, wenn sie dadurch Kosten einsparen könnten (51 %) oder einen positiven Beitrag zum Umweltschutz (16 %) leisten würden.
„Für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland ist es entscheidend, dass wir alle verstehen, welche enorme Rolle der Wärmebereich beim Energieverbrauch spielt. Und auch, dass effizientes Heizen die Umwelt und den Geldbeutel schont. Die Studie zeigt deutlich, dass hier noch Nachholbedarf besteht. Bewohner müssen über ihren Verbrauch informiert sein – nur dann können sie ihn auch verändern. So bedeuten 15 Prozent Energieeinsparung bei einer durchschnittlichen Heizkostenabrechnung rund 100 Euro mehr im Geldbeutel. Wir müssen klimaneutrales und bezahlbares Wohnen weiter vorantreiben. Schon vergleichbar geringinvestive Maßnahmen zur Optimierung und Digitalisierung der Heizung können einen maßgeblichen Einfluss auf die Energiewende im Wohngebäude haben“, kommentiert Nicolai Kuß, Geschäftsführer bei Techem die Studie.
Wie die Studienautoren erklären, können in vielen Haushalten die Heizkosten bereits durch simple Maßnahmen deutlich reduziert werden. Dazu gehören das Stoßlüften sowie das Schließen von Vorhängen und Zimmertüren, um die Raumtemperatur effizient beizubehalten. Auch die richtigen Thermostateinstellungen und das richtige Einstellen der Fenster kann die Heizkosten oft stark senken. Empfohlen sind im Wohn-, Arbeits- und Kinderzimmer bei 20 bis 22 Grad Celsius. Dies entspricht bei den meisten Heizungen der Stufe 3 bis 4.
Außerdem raten Experten zur Nutzung moderner Messgeräte. Diese bieten eine deutlich höhere Transparenz über das tatsächliche Heizaufkommen und ermöglichen es so, das Heizverhalten kurzfristig anzupassen. Beim effizienten Heizen helfen überdies programmierbare Thermostate, die die individuelle Wunschtemperatur beibehalten und auch von unterwegs über das Internet gesteuert werden können.