Robert Klatt
In Deutschland bleibt das Reisebudget trotz der Covid-19-Pandemie bei den meisten Menschen stabil. Viele Deutsche wollen ihren Urlaub 2021 aber im Inland verbringen.
Köln (Deutschland). Laut der Travel Trends 2021 Studie der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners wird der im Oktober 2020 vom Reiseberater Tourlane prognostizierte Boom der Tourismusbranche ausbleiben. Hauptverantwortlich ist dafür die noch immer andauernde Covid-19-Pandemie, die Reisen in viele Länder unmöglich macht.
Hinzukommt die bei vielen Personen unsichere wirtschaftliche Situation, die dazu geführt hat, dass die Mehrheit der Konsumenten ihr Reisebudget für 2021 reduziert hat. Trotzdem geht auch Simon-Kucher & Partners davon aus, dass der Reisemarkt sich ab dem dritten Quartal 2021 erholen wird.
In Kooperation mit ROIRocket wurden für die Studie im Dezember 2020 3.900 Personen in den U.S.A. Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien befragt.
Die Ergebnisse zeigen, dass mehr als die Hälfte (53 %) der Deutschen erwartet 2021 wieder verreisen zu können. Die Erwartungen liegen dabei hauptsächlich auf dem Sommerurlaub. Entscheidende Kriterien für die Buchung einer Reise sind die Aufhebung der Covid-19-Beschränkungen (28 %) und die Verbreitung von Impfungen. Fast ein Viertel (23 %) der deutschen Konsumenten möchte erst verreisen, wenn sie selbst und die Mehrheit der übrigen Bevölkerung eine Impfung gegen Covid-19 erhalten haben.
In Deutschland sind die Reisebudgets auch 2021 trotz der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie stabil. Weniger als ein Fünftel (19 %) der Umfrageteilnehmer möchte weniger für Urlaub ausgeben als zuvor. Als Grund für die Kürzung des Reisebudgets wurde in Deutschland am häufigsten die unsichere Einkommenssituation und der Beschäftigungsstatus genannt. Ein Teil (21 %) der Umfrageteilnehmer gab außerdem an, dass sie einen Teil des ehemaligen Reisebudgets lieber in andere Aktivitäten investieren.
Im internationalen Vergleich bildet Deutschland damit eine Ausnahme. In Großbritannien kürzt ein Viertel der Personen ihr Reisebudget, in Spanien sind es sogar 42 Prozent.
Dimitris Hiotis, Partner und Head der Leisure, Travel and Tourism Practice bei Simon-Kucher: „Die Covid-19-Pandemie hat die Reisebranche auf eine noch nie dagewesenen Weise beeinflusst. Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass 2021 das Jahr sein wird, in dem sich das Reisegeschäft wieder erholt, insbesondere in der zweiten Hälfte des Jahres, da die Mehrheit der deutschen Verbraucher reisen und dafür genauso viel oder sogar mehr ausgeben will als vor der Pandemie. Das ist ein Hoffnungszeichen für die Branche, vor allem in Deutschland scheint die Lust aufs Reisen hoch zu sein. Reise- und Touristikunternehmen sollten ihre Geschäftsstrategie und ihr Geschäftsmodell so gestalten, dass sie agil genug sind, um auf den erwartbaren Reiseaufschwung zu reagieren.“
Reisebeschränkungen haben bereits 2020 dazu geführt, dass Deutsche vermehrt Urlaub im Heimatland (Staycation) machen. Dieser Reisetrend wird laut der Umfrage auch 2021 beibehalten. 40 Prozent der Teilnehmer gaben häufiger Reisen im Inland unternehmen zu wollen als vor der Pandemie. Die Hälfte der Umfrageteilnehmer erklärte außerdem weniger international verreisen zu wollen.
Lisa Remmelberger, Partnerin in der Leisure, Travel and Tourism Practice: „Das Buchungsverhalten der Verbraucher wird von der Pandemie maßgeblich beeinflusst. Sie sehnen sich nach Urlaub, sind sich aber angesichts des Pandemie-Verlaufs unsicher und tun sich schwer, zu planen. Reiseunternehmen müssen gute Anreize und Angebotsstrukturen bieten, die zu einer frühzeitigen Buchung verleiten, aber gleichzeitig die Garantie bieten, dass Kunden ihr Geld zurückbekommen oder flexibel umbuchen können. Auf diese Weise können sie auf die angestaute Nachfrage von Revenge Travelern reagieren und gleichzeitig den Verbrauchern Sicherheit bieten, indem sie Buchungsflexibilität bieten.“
Deutlich wird dies auch beim Buchungsverhalten der Touristen. Aufgrund der Unsicherheiten bei der Reiseplanung, mögliche Einreisebeschränkungen und Covid-19-Hotspots wollen 40 Prozent der Deutschen Last-Minute-Angebote nutzen. Diese werden oft in Verbindung mit einem Glückshotel gebucht, bei dem die Reisenden erst vor Ort erfahren, in welcher Unterkunft sie untergebracht werden. Trotz der schwierigen Planung nutzen 40 Prozent der Deutschen Frühbucherangebote. Außerdem bleiben Pauschalreisen vor allen bei jungen Menschen und bei Haushalten mit Einkommen von unter 50.000 Euro beliebt.
Aufgrund des hohen Anteils an Inlandsreisen verändert sich infolge der Pandemie auch die Wahl des Verkehrsmittels. Fast die Hälfte (46 %) der Deutschen möchte ihre Ziele vermehrt mit dem Auto erreichen. Anreisen per Flugzeug oder Zug möchten hingegen mehr als die Hälfte der Befragten vermeiden. Auch Kreuzfahrten verlieren an Beliebtheit. Mehr als die Hälfte (57 %) der Teilnehmer gaben an, weniger Kreuzfahrten als vor der Pandemie buchen zu wollen.
In Deutschland gehören laut den von Simon-Kucher & Partners erhobenen Daten zehn Prozent der Konsumenten zu den sogenannten „Revenge Travel“. Es handelt sich dabei um Personen, die aufgrund der Pandemie und der dadurch entfallenen Möglichkeit Reisen anzutreten ihre Budgets erhöhen. 54 Prozent dieser Gruppe wollen 2021 eine längere Reise unternehmen, 46 Prozent planen mehrere, kürzere Urlaub. Beide Untergruppen der Revenge Traveler wollen dabei mehr für ihre Unterkunft und Verpflegung auszugeben als vor der Pandemie.