Robert Klatt
In Deutschland sieht ein Großteil der Bevölkerung Zuwanderung als Chance für die Wirtschaft. Trotzdem hat noch mehr als die Hälfte der Deutschen Sorgen vor den negativen Folgen.
Gütersloh (Deutschland). Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) braucht Deutschland pro Jahr etwa 400.000 Zuwanderer, um den Arbeitskräftemangel zu stoppen. Der Slogan der neuen Bundesregierung „Mehr Fortschritt wagen“ gilt deshalb auch explizit für die Migrations- und Integrationspolitik. Laut dem Koalitionsvertrag soll Deutschland so zu einem „vielfältigen Einwanderungsland“ werden.
Die Zuwanderungspolitik der Regierung soll die Einwanderung daher deutlich vereinfachen. Dazu wird ein Einwanderungssystem für Fachkräfte geschaffen. Zudem sollen Asylverfahren durch ein neues System schneller bearbeitet werden. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat nun untersucht, wie sich die Einstellung der Bevölkerung zur Zuwanderung im letzten Jahr verändert hat. Dazu hat Kantar Emnid im November 2021 etwa 2.000 Personen ab 14 Jahren befragt.
Laut der aktuellen Ausgabe der Studie, die seit 2012 jährlich die Einstellung gegenüber Migration in Deutschland untersucht, hat die Skepsis gegenüber Zuwanderung in der Bevölkerung im letzten Jahr nachgelassen. Stattdessen sehen mehr Deutsche Migranten als Chance.
Obwohl die Sorgen vor den negativen Folgen der Migration im vergangenen Jahr ebenfalls nachgelassen haben, bestehen diese noch immer bei einer Mehrheit. In der Veröffentlichung heißt es dazu: „Es bewegt sich was“. Kritische Betrachtungen und Ablehnung sind aber weiterhin „präsent und spürbar“.
Ein Großteil der Befragten (68 %) sieht in der Zuwanderung vor allem Chancen für die Wirtschaft. Die Migration bringt laut den Umfrageteilnehmern (55 %) Vorteile bei der Ansiedlung internationaler Unternehmen und beim Fachkräftemangel. Zudem erwartet fast die Hälfte (48 %) der Befragten durch die Zuwanderung Mehreinnahmen für die Rentenversicherung, knapp zwei Drittel (65 %) erwarten überdies, dass die Migration zu einer geringeren Überalterung der Gesellschaft führt.
Mehr als zwei Drittel (67 %) befürchten jedoch, dass die Migranten zu einer Mehrbelastung für den Sozialstaat werden. Außerdem erwarten die Teilnehmer der Umfrage Konflikte zwischen Eingewanderten und Einheimischen (66 %) und Probleme in den Schulen (56 %). Auch die Wohnungsnot in Ballungsräumen macht mehr als der Hälfte (59 %) der Befragten Sorgen.
Wie die Autoren erklären, gibt es bei der Einstellung gegenüber Migranten starke Unterschiede, die hauptsächlich vom Alter und Bildungsstand abhängen. Zudem wurden teils „auffällige Abweichungen“ zwischen Ost- und Westdeutschland festgestellt.