Robert Klatt
In Deutschland müssen Unternehmen deutlich geringere Steuern für klimaschädliche SUVs zahlen als in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU). Forscher fordern deshalb eine Steuerreform mit einer sozial-ökologischen Ausrichtung bei Dienstwagen und einer ökologisch ausgerichteten Neuzulassungssteuer.
Berlin (Deutschland). Staaten können das Mobilitätsverhalten ihrer Bürger über verschiedene Faktoren, darunter in Deutschland etwa das Dienstwagenprivileg, das laut des Forums Sozial-Ökologische Marktwirtschaft (FÖS) klimaschädlich und sozial ungerecht ist, stark beeinflussen. Forscher von Transport and Environment (T&E), einer Organisation für nachhaltigen Verkehr, haben deshalb untersucht, wie die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit steuerlichen Anreizen die E-Mobilität fördern.
Die Analyse zeigt, dass ein Unternehmen in Deutschland beim Kauf eines Elektroautos als Dienstwagen gegenüber einem ähnlichen Verbrenner lediglich 9.000 Euro Steuern einsparen. In Frankreich liegen die steuerlichen Vorteile des elektrischen Dienstwagens hingegen bei 24.000 Euro. Laut T&E führt die steuerliche Situation in Deutschland sogar dazu, dass Unternehmen bei großen, besonders CO₂-intensiven SUVs steuerliche Abschreibungen erzielen können, die die auf das Auto gezahlten Steuern übertreffen.
„Deutschland subventioniert mit der aktuellen Steuerpolitik spritfressende SUVs – zulasten von Klima, Staatshaushalt und der Sicherheit unseres Automobilstandortes.“
Kürzlich hat auch der Bundesrechnungshof (BRH), der die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes kontrolliert, die ökologisch schädlichen Subventionen kritisiert.
„Die künftige Bundesregierung hat sich zwar zur E-Mobilität bekannt, der Koalitionsvertrag ist jedoch eine verpasste Chance für eine echte Steuerreform, die Fehlanreize beendet. Lieber werden zusätzliche Subventionen für Scheinlösungen wie Hybride forciert. Das sind wirkungslose Steuergeschenke für das Klientel.“
Laut T&E entgehen Deutschland jährlich rund 13,7 Milliarden Euro Einnahmen durch steuerliche Vergünstigungen für Dienstwagen mit Verbrennungsmotor. Die Analyse zeigt zudem, dass Unternehmen für große SUVs, die mit ihren hohen CO2-Emissionen zum Klimawandel beitragen, in keinem anderen Mitgliedsstaat der EU mehr steuerliche Vorteile erhalten als in Deutschland.
Die Subventionen sorgen dafür, dass dem deutschen Staat durch einen einzigen SUV aus der Oberen Mittelklasse in vier Jahren über 31.000 Euro Steuereinnahmen entgehen. Frankreich erzielt hingegen in diesem Zeitraum steuerliche Mehreinnahmen in Höhe von über 140.000 Euro, wenn ein Unternehmen ein solches Modell als Dienstwagen anschafft.
Neben Dienstwagen hat die Analyse auch private Neufahrzeuge betrachtet. Deutschland gehört hier zu nur acht der 31 untersuchten Länder, in denen es keine Zulassungssteuer, die etwa von der Klimabilanz des Autos abhängt, gibt. Der CO₂-Ausstoß der privaten Neuzulassungen in Deutschland lag 2024 deshalb mit 115,4 gCO2/km über dem EU-Durchschnitt von 107,2 gCO2/km.
Anlässlich dieser Situation fordert T&E eine Reform der Besteuerung, die unter anderem eine sozial-ökologische Ausrichtung bei Dienstwagen und eine ökologisch ausgerichtete Neuzulassungssteuer vorsieht.
„Steuersysteme in fast allen europäischen Ländern sind bereits deutlich besser darauf ausgerichtet, den E-Mobilitätsmarkt zu stärken. Dass der größte Markt Deutschland als steuerliches SUV-Schlaraffenland hinterher hinkt, hat Auswirkungen auf die europäische Industrie. Wer die Zukunft der deutschen Autoindustrie sichern will, muss auch die steuerpolitischen Weichen richtig stellen. Teure Verbrenner-Klientelpolitik wird nicht den Absatzmarkt für E-Autos schaffen, den unsere Hersteller brauchen, um auch in Zukunft zu bestehen.“