Robert Klatt
Laut der Versicherung Axa sind Unfälle mit Schäden am eigenen Fahrzeug bei Elektroautos deutlich häufiger als bei Verbrennern. Verantwortlich dafür ist vor allem der sogenannte Overtapping-Effekt.
Winterthur (Schweiz). Elektroautos sind laut der Unfallstatistik der Schweizer Versicherung Axa deutlich öfter in Unfälle verwickelt als Autos mit Verbrennungsmotor. Bei Elektroautos kommt es demnach 50 Prozent öfter zu Kollisionen mit Schäden am eigenen Auto als bei Verbrennern. Bei Elektroautos mit besonders viel Leistung kommt es sogar doppelt so oft zu Unfällen mit Schäden am eigenen Fahrzeug.
„Je leistungsfähiger das Fahrzeug ist, desto öfter verursachen die Lenkerinnen und Lenker einen Schaden am eigenen oder an Fremdfahrzeugen. Konkret sind es bei leistungsstarken Modellen 30 Prozent mehr Schäden an Dritten, sogenannte Haftpflichtschäden“.
Die hohen Unfallzahlen werden laut den Unfallforschern der Versicherung primär durch das Fahrverhalten verursacht, das sich besonders bei leistungsstarke Elektroautos deutlich von Verbrennern unterscheidet. Bei mehr als der Hälfte der Elektroautofahrer ist deshalb zu Beginn eine längere Umstellungsphase nötig. Besonders hoch ist das Risiko laut Michael Pfäffli beim Beschleunigen, bei dem der sogenannte Overtapping-Effekt von vielen Fahrern unterschätzt wird.
„Die meisten Elektroautos, insbesondere die leistungsstarken, haben ein sehr hohes Drehmoment, welches sich beim Antippen des Strompedals unmittelbar bemerkbar macht. Es kann daher zu einer ungewollten, ruckartigen Beschleunigung kommen, welche der Fahrer oder die Fahrerin nicht mehr kontrollieren kann.“
In Rahmen eines Crashtests haben die Unfallforscher der Versicherung den Overtapping-Effekt simuliert. Ein Elektroautofahrer tippt in diesem Experiment nur kurz auf das Gas- beziehungsweise Strompedal. Aufgrund der hohen Beschleunigung verliert er anschließend die Kontrolle über das Elektroauto von Tesla und fährt deutlich zu schnell auf einen Kreuzverkehr zu. Weil er nicht mehr bremsen kann und den Kreisverkehr mittig überfährt, überschlägt sich das Auto dabei und landet auf dem Dach.
Der Crashtest offenbart zudem, dass der Unterboden bei vielen Elektroautos bauartbedingt eine Schwachstelle ist. Prinzipiell wird die teure Batterie durch eine zusätzliche Versteifung der Karosserie gut geschützt. Diese Elemente vorne, hinten und an den Seiten können beim Überfahren von Hindernissen aber keine Schäden am Unterboden verhindern. Pfäffli fordert deshalb von den Herstellern einen zusätzlichen Unterbodenschutz, etwa durch eine Titanplatte.
„Der Unterboden scheint die Achillesferse von Elektroautos zu sein, weil die Batterie dort nicht zusätzlich geschützt ist. Dessen sollten sich Autofahrer und Autofahrerinnen bewusst sein.“
Bei dem simulierten Unfall kommt es aufgrund des beschädigten Unterbodens, der auch den Akku in Mitleidenschaft gezogen hat, zu einem Brand. Die Unfallstatistiken der Versicherung zeigen jedoch wie Daten aus den U.S.A., dass das Brandrisiko bei Elektroautos sehr gering ist.
Die Versicherung hat zudem mit einem zweiten Crashtest untersucht, wie sich das zusätzliche Gewicht durch den Akku auf eine Kollission auswirkt. Verwendet wurde dazu jeweils ein Golf VII mit Verbrenner und ein Golf VII mit Elektromotor. Das Elektroauto besitzt identische Maße, wiegt aber 400 Kilogramm mehr. Bei Autos kollidierten im Crashtest mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Die Schäden am Verbrenner waren deutlich höher.
„Bei einem Crash ist der Gewichtsunterschied zwischen den involvierten Fahrzeugen entscheidend. Das leichtere Fahrzeug ist dabei im Nachteil, weil die Energiebelastung größer ist als beim schweren Fahrzeug.“