Robert Klatt
Der Anteil der Entwicklungskosten für Elektronik und Software im Automobilbau nimmt stark zu. Allein auf die Software werden im Jahr 2040 410 Euro Entwicklungskosten entfallen.
München (Bayern). Die Bedeutung der Fahrzeugelektronik und -software nimmt laut einer Studie der Unternehmensberatung Berylls Strategy Advisors weiter zu. Im Jahr 2019 hat die gesamte Automobilindustrie 140 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung investiert. Davon entfiel ein Drittel auf die Elektronik und Software der Autos. Bis zum Jahr 2040 wird deren Anteil auf etwa 40 Prozent ansteigen. Allein auf die Softwareentwicklung entfallen davon laut der Berylls-Prognose etwa 39 Milliarden Euro. Die Kosten der Software pro Auto lägen damit im Jahr 2040 bei 410 Euro, also 105 Euro höher als bei aktuellen Neufahrzeugen.
In den kommenden Jahren benötigt die Automobilindustrie deshalb mehr als eine dreiviertel Millionen Software-Spezialisten einstellen, die Software-Anforderungsspezifikation erstellen, Neuentwicklungen durchführen und die Pflege vorhandener Software übernehmen.
Verantwortlich für die höhere Komplexität der Elektronik und Software ist die Einführung alternativer Antriebskonzepte. Die Grundlagen werden dafür schon vor einigen Jahren mit Hybridfahrzeugen gelegt, die einen ersten Schritt zur Elektrifizierung der Automobilbranche darstellen. Um in Zukunft Verbrennungsmotoren komplett abzulösen, entwickelten die Automobilhersteller auf Basis dieses Wissens ihre Elektrobaukästen weiter. Komplexe Speichervorgänge der Akkus und die Steuerung der E-Motoren kamen dabei als neue Teilbereiche in der Automobilentwicklung hinzu, die die Komplexität nochmals deutlich erhöhen.
Die IT Due Diligence Checkliste der Konzerne wurde außerdem dadurch erweitert, weil bei Elektroautos nicht nur Software für das eigentliche Fahrzeug, sondern auch für die Ladeinfrastruktur entwickelt werden muss. Die hohe Komplexität in diesem Bereich demonstriert unter anderem ein Projekt der TU Berlin und der Uni Paderborn, bei dem es um die Minimierung der Wartezeit vor Ladestationen für Elektroautos geht.
In den kommenden Jahren werden die Entwicklungskosten für Elektronik und Software laut Berylls Strategy Advisors stark durch die Konnektivität des Fahrzeugs mit der Umwelt getrieben. Die Strategieberatung hat als neue Kundenanforderungen unter anderem die Car-to-X-Kommunikation, ein HMI (Human-Machine-Interface) mit künstlicher Intelligenz und das Datenmanagement in der Cloud identifiziert. Neben hohen Rechenkapazitäten erfordert dies bei den Automobilherstellern vor allem eine Vielzahl neuer Softwareentwickler.
Der größte Wachstumstreiber für die Softwareentwicklung im Automobilsektor ist laut Berylls aber das autonome Fahren. Prognostiziert ist hier eine jährliche Steigerung der Entwicklungskosten für Elektrik/Elektronik (E/E) und Software von etwa 15 Prozent in den kommenden zehn Jahren. Um einen Autopiloten zu entwickeln, ist ein komplexes Zusammenspiel aus Sensoren, Aktuatoren, Rechenleistung und Software nötig. Komplexe Algorithmen werden dabei auf Basis von Milliarden gefahrener Kilometer entwickelt, damit beim autonomen Fahren stets die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
Neben den etablierten Autoherstellern versuchen aufgrund des hohen Anteils der Software in diesem Bereich auch Tech-Konzerne wie Google und Microsoft sowie neue Anbieter von Mobilitätsdiensten wie Uber, Lyft und Didi fußzufassen. Teile der Softwareentwicklung werden außerdem durch die rund 1.500 Mobilitäts-Start-ups erledigt.