Robert Klatt
Industrieländer wie Deutschland müssen ihre Finanzen stabilisieren, um auch in Zukunft Entwicklungsländer bei Anpassungen an den Klimawandel unterstützen zu können.
Boulder (U.S.A.). Das globale Wirtschaftswachstum könnte laut aktuellen Prognosen im 21. Jahrhundert deutlich geringer ausfallen, als Ökonomen zuvor angenommen haben. Wenn dies tatsächlich eintreten sollte, hätte dies auch große Konsequenzen für Maßnahmen gegen den Klimawandel und die Anpassung an die zunehmende Erderwärmung. Eine Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zeigte kürzlich, dass im schlimmsten Szenario bis 2050 für Deutschland dadurch Zusatzkosten in Höhe von 900 Milliarden Euro entstehen.
Forscher des Cooperative Institute for Research in Environmental Sciences (CIRES) der University of Colorado Boulder (CU Boulder) um Matt Burgess haben nun untersucht, welche Auswirkungen das verhaltene Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahrzehnten auf die Bekämpfung des Klimawandels hat.
Die Ökonomen um Burgess nutzten laut ihrer Publikation im Fachmagazin Communications Earth & Environment für ihre Studie zwei Wirtschaftsmodelle, um das globale Wirtschaftswachstum im nächsten Jahrhundert und die Entwicklung des Einkommens in verschiedenen Ländern prognostizieren zu können. Beide Modellrechnungen belegen, dass die Weltwirtschaft weiterhin wachsen wird, aber langsamer als erwartet. Die bereits vorhandene Ungleichheit zwischen reichen Industrieländern und armen Entwicklungsländer wird dadurch zunehmen.
„Langsameres Wachstum bedeutet, bei sonst gleichen Bedingungen, höhere Defizite als erwartet.“
Viele Entwicklungsländer erhalten bereits jetzt wirtschaftliche Hilfen, um Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels finanzieren zu können. Laut den Modellrechnungen könnte das abnehmende Wirtschaftswachstum aber dazu führen, dass die Länder wie Deutschland in Zukunft nicht mehr über ausreichend Mittel verfügen, um die nötigen Maßnahmen in den Entwicklungsländer zu unterstützen.
„Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir die Finanzierung der Klimaanpassung in Entwicklungsländern vielleicht erheblich erhöhen müssen, und wir könnten unsere zukünftige Fähigkeit zur Bereitstellung dieser Finanzierung nach dem derzeitigen Finanzmodell überschätzen.“
Laut den Ökonomen ist es somit essenziell, dass wohlhabende Länder ihre Finanzen stabilisieren, um weiterhin ärmeren Ländern helfen zu können. Laut Ashley Dancer sind es viele wohlhabende Länder allerdings gewohnt, sich aus Schulden herauszuwachsen, was bei einem geringeren Wirtschaftswachstum nicht mehr im gewohnten Umfang möglich wäre. Die Autoren stellen deshalb die Frage, wie Industrieländern Entwicklungsländern helfen könnten, wenn diese den dafür nötigen Wohlstand nicht ausreichend schnell selbst erreichen.
Communications Earth & Environment, doi: 10.1038/s43247-023-00874-7