Dennis L.
Im Allgemeinen leidet der stationäre Einzelhandel unter der mangelnden Nachfrage der Verbraucher. Rückläufige Umsätze, Insolvenzen und Geschäftsaufgaben sind die Folge. Völlig gegen diesen Trend entwickeln sich hingegen Outlet-Center, die flächen- und umsatzmäßig stark wachsen.
Wiesbaden (Deutschland). Das europäische Outlet-Center haben die magische Schwelle von drei Millionen Quadratmetern Verkaufsfläche durchbrochen und damit bewiesen, dass dieser Sektor entgegen den allgemeinen Strom schwimmt und von Jahr zu Jahr größer wird.
Inzwischen gibt es 181 Factory-Outlet-Center, die auf einer Gesamtfläche von 3.000.075 Quadratmetern Markenartikel zu stark reduzierten Preisen anbieten. Dies entspricht einem Nettozuwachs von 6 Centern (Vorjahr: + 4), während die Gesamtverkaufsfläche um knapp 120.000 Quadratmeter (Vorjahr: + 100.000 Quadratmeter) wuchs, was der Größe von rund 17 Fußballfeldern entspricht.
Die Entwicklung von Outlet-Centern in Europa wird sich in den kommenden Jahren weitgehend ungebremst fortsetzen, denn weitere 46 Outlet-Standorte in Europa befinden sich in einem konkreteren Planungsstadium oder sind zum Teil bereits im Bau. Diese Ergebnisse stammen aus der kontinuierlichen Marktbeobachtung der Outlet-Center in Europa durch das Wiesbadener Forschungsinstitut ecostra.
Das stärkste Wachstum der Outlet-Center kam aus einem Markt, der eigentlich schon als gesättigt für diese Form des Einzelhandels gilt: dem Vereinigten Königreich. Die Zahl der Geschäfte ist binnen zwölf Monaten von zwei auf 37 gestiegen, und die Gesamtverkaufsfläche der Outlet-Center hat sich um mehr als 26.000 Quadratmeter auf 552.000 Quadratmeter erhöht. Damit hat die Outlet-Entwicklung auf der britische Insel nach einer stagnierenden Phase wieder an Fahrt aufgenommen. Zudem befinden sich acht weitere Standorte bereits in der Planung.
Der ecostra-Geschäftsführer Dr. Joachim Will betont in der Studie zu den europäischen Outlet-Centern die aktuelle Situation:
„Neben dem Vereinigten Königreich gelten auch Italien, Portugal, Schweiz und Österreich als gesättigte Outlet-Märkte. So gibt es derzeit in Österreich und in Portugal keine konkrete Ansiedlungsplanung. Im Vereinigten Königreich ebenso wie in Italien ist davon auszugehen, dass bei jeder Neueröffnung mindestens zwei Outlet-Center mit suboptimalen Standortfaktoren oder fehlerhaftem Konzept aus dem Markt gedrängt werden. Das läuft dort weitgehend nur noch über Verdrängung.“
Der Erfolg des Outlet-Marktes in Deutschland und den Nachbarländern hat dazu geführt, dass auch in anderen Ländern dieser Trend seinen Anfang nahm und in erheblichem Umfang riesige Outlet-Center gebaut wurden. So wurden beispielsweise in der Slowakei vor einigen Jahren zwei Outlet-Center gebaut, von denen jedoch eines in Senec mangels Mieterinteresse nie eröffnet wurde, während das andere im vergangenen Jahr nach nur kurzer Betriebszeit in die Insolvenz geriet und keinen Investor finden konnte. Dies zeigt mehr als deutlich, wie wichtig eine gründliche Planung für solche Vorhaben ist.
„Die Ursache hierfür war aber nicht ein besonders hoher Outlet-Besatz in der Slowakei, sondern die dominierende Marktstellung des nahegelegenen Designer Outlet Parndorf im österreichischen Burgenland. Gegen dieses mit 35.900 Quadratmetern sehr groß dimensionierte Center des europäischen Marktführers McArthurGlen, in dem sich zudem das Who-is-Who der europäischen Markenhersteller tummelt, hatten die slowakischen Center einfach keine Chance.“
Nach Ansicht von ecostra-Geschäftsführer Will ist die Entwicklung von Outlet-Centern in der Slowakei wahrscheinlich zu Ende. "Es wird nichts mehr kommen", sagte er.
Eine ähnlich marktbeherrschende Stellung hat das McArthurGlen-Center in Roermond in den Niederlanden. Daher ist in der gesamten deutschen Grenzregion zwischen Krefeld und Aachen mit keinem weiteren Outlet-Center zu rechnen. Weiter nördlich und auch in den Niederlanden sind hingegen neue Outlet-Center in Planung. In der Grenzstadt Zevenaar wurde im April 2019 die Baugenehmigung für ein Outlet-Center mit 17.600 Quadratmetern Fläche erteilt. Wie in Roermond wird auch dieses Center die Möglichkeit haben, ganzjährig sonntags zu öffnen und wird seine Kundschaft vor allem aus Nordrhein-Westfalen beziehen.
In Deutschland gibt es 15 große Outlet-Center mit einer Gesamtverkaufsfläche von knapp über 235.000 Quadratmetern. Das Genehmigungsverfahren ist aufwendiger als in anderen Ländern. Die Entwicklung in diesem Bereich stößt bei vielen Interessengruppen auf Widerstand. Die Entwickler gehen nun den einfacheren Weg, indem sie notleidende Zentren in Factory Outlets mit liberalem Baurecht umwandeln und neu auf dem Markt positionieren. Weiterführende Informationen über die Outlets in Deutschland bieten Fachportale für Outlet und Fabrikverkäufe.
Projekte dieser Art werden derzeit in Bremerhaven und Marl in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. In Brehna bei Leipzig wurde ein solches ehemaliges Einkaufszentrum bereits im April 2016 als Outlet-Center wiedereröffnet. Wieder andere Entwickler versuchen, kleine Outlet-Agglomerationen zu realisieren, die wie Fachmarktzentren konzipiert sind, mit niedrigen Mieten locken und in der Regel ohne aufwendige Verfahren genehmigt werden.
„Die Flächennachfrage von Markenherstellern nach Outlet-Stores in Deutschland ist eindeutig da. Und diese Nachfrage wird befriedigt werden. Nennenswerte Umsatzzuwächse und entsprechende Margen erzielen viele Modemarken heute nur noch über den Vertriebskanal Outlet. Entsprechend wird hier das Vertriebsnetz ausgebaut.“
Trotz einer im Vergleich zu den Vorjahren etwas rückläufigen Zahl von Standortplanungen ist die Outlet-Entwicklung in Deutschland, wie auch in den meisten anderen Ländern, noch lange nicht zum Stillstand gekommen.
„Der Marktanteil der Outlet-Center am gesamten Modemarkt in Deutschland beträgt derzeit nach unseren Berechnungen etwa 2,3 Prozent. Da ist gerade mit Blick in andere europäische Länder noch viel Luft nach oben. Wir gehen davon aus, dass die Outlet Center in Deutschland durch Neuansiedlungen und Erweiterungen mittelfristig einen Marktanteil von gut 5,0 Prozent erreichen werden und somit den heutigen Gesamtumsatz mehr als verdoppeln. Das ist dann aber immer noch weniger, als allein der Modefilialist Hennes & Mauritz bereits heute in Deutschland umsetzt. Wir reden also über einen Nischenmarkt.“
