Robert Klatt
In den OECD-Staaten, darunter auch Deutschland, sinken die Geburtenraten stark. Die Organisation fordert deshalb mehr Hilfe für Familien und neue Ansätze zur Migration.
Paris (Frankreich). In den Mitgliedsländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), zu der auch Deutschland gehört, hat sich die Geburtenrate pro Frau innerhalb von nur 60 Jahren halbiert. 1960 haben Frauen im Mittel 3,3 Kinder bekommen. Inzwischen sind es noch 1,5 Kinder pro Frau. Laut den Wissenschaftlern der OECD könnte diese Entwicklung zu großen ökonomischen und sozialen Problemen führen, etwa ein Zusammenbruch des Rentensystems und fehlende Arbeitskräfte in vielen Bereichen. Um diese Probleme zu vermeiden, wäre zumindest eine Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau erforderlich, bei der die Bevölkerung konstant bleibt.
In Deutschland ist die Geburtenrate im Untersuchungszeitraum von durchschnittlich 2,4 Kindern auf knapp 1,5 Kinder gesunken. In der Mitte der Neunzigerjahre war sie mit 1,2 Kindern aber noch geringer als aktuell, was laut der OECD vor allem am Geburtenrückgang in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung lag. Die aktuell niedrigste Geburtenrate innerhalb der OECD hat Südkorea mit nur 0,7 Kindern pro Frau. Weitere Länder einer besonders geringen Geburtenrate sind Italien und Spanien, in denen Frauen im Durchschnitt 1,2 Kinder bekommen.
Laut den Daten der OECD liegt der Rückgang der Geburtenrate unter anderem daran, dass Frauen immer später ihr erstes Kind bekommen. 2000 waren Mütter bei der Geburt im Mittel 28,6 Jahre alt. Inzwischen sind es im OECD-Durchschnitt 30,9 Jahre. In Deutschland ist das Alter der Mütter in diesem Zeitraum von 28,8 auf 31,4 Jahre gestiegen. Die Entscheidung, Kinder zu bekommen, wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, darunter die wirtschaftliche und soziale Situation und die Entstigmatisierung der Kinderlosigkeit.
„Während OECD-Länder eine Reihe von politischen Optionen nutzen, um Familien zu unterstützen, beeinflussen die wirtschaftlichen Kosten und die langfristige finanzielle Unsicherheit, Kinder zu haben, weiterhin erheblich die Entscheidung der Menschen, Eltern zu werden.“
Damit die Geburtenraten in der OECD steigen, sind laut den Forschern vor allem neue Hilfen für Familien erforderlichen. Außerdem müssen sich die Länder an die sogenannte „Niedrigfruchtbarkeitszukunft“ anpassen. Dies umfasst unter anderem neue Ansätze zur Migration und Integration von Ausländern.
„Die Entscheidungen zur Elternschaft zu erleichtern, erfordert umfassende und zuverlässige Unterstützung für Familien. Dazu gehören erschwinglicher Wohnraum, Familienpolitiken, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern, und die Kohärenz mit anderen öffentlichen Politiken, die den Zugang zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen und die Karriereentwicklung von Frauen fördern.“