Robert Klatt
In Deutschland halten zwei Drittel der Bevölkerung den Staat für nicht handlungsfähig und mit seinen Aufgaben überfordert. Das Ansehen der Menschen im öffentlichen Dienst sinkt dadurch kaum.
Berlin (Deutschland). Der DBB Beamtenbund und Tarifunion untersucht regelmäßig das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat. Im Jahr 2019, also vor Covid-19, waren nur knapp über ein Drittel (34 %) der Deutschen der Ansicht, dass Deutschland nicht handlungsfähig ist und seine staatlichen Aufgaben nicht erfüllen kann. Bereits 2021 hielt mehr als die Hälfe der Bevölkerung den Staat für überfordert.
Laut der nun veröffentlichten dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst (PDF) sind inzwischen zwei Drittel der Ansicht, dass Deutschland nicht handlungsfähig ist. Unter ein Drittel (29 %) ist laut der Umfrage der Meinung, dass der Staat seine Aufgaben erfüllen kann, erklärt der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach.
„Der Trend war bereits letztes Jahr zu erkennen, jetzt ist das Kind endgültig in den Brunnen gefallen. Klima, Krieg, Corona, Kostenexplosion: Egal in welchem Lebensbereich eine Krise auftritt, der Staat präsentiert sich schlecht vorbereitet. Jetzt zahlt die Gesellschaft den Preis dafür, dass wir bei der Politik um jeden Euro und jede Stelle für den öffentlichen Dienst feilschen müssen. Wir haben leider nur noch eine Schönwetter-Daseinsvorsorge. Das ist die traurige Wahrheit und die Menschen erleben das jeden Tag“
Trotz der hohen Unzufriedenheit mit der Regierung differenziert ein Großteil der Bevölkerung noch immer zwischen der Arbeit der Politik und der Menschen im öffentlichen Dienst.
„Einmal mehr zeigen die Zahlen aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich zwischen ausbleibender beziehungsweise schlechter politischer Führung auf der einen Seite und engagierten Menschen im öffentlichen Dienst auf der anderen Seite unterscheiden.“
Deutlich wird das etwa an den beliebtesten Berufsgruppen, die noch immer überwiegend aus der Daseinsvorsorge stammen. Laut der Umfrage sind die fünf beliebtesten Berufe in Deutschland:
„Wer einen konkreten Dienst für die Gesellschaft erbringt, erfährt von seinen Mitmenschen dafür in der Regel Wertschätzung – oft mehr als vom Arbeitgeber oder Dienstherrn.“
Das Bild der Beamten hat sich durch die Vertrauenskrise in den Staat hingegen negativ verändert, bleibt aber auf einem hohen Niveau.
„Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland verbindet mit dem Berufsbeamtentum weiterhin Eigenschaften wie „pflichtbewusst“, „verantwortungsbewusst“, „zuverlässig“ und „rechtschaffen.“
Die Umfrage zeigt zudem, dass den Deutschen vor allem ein funktionierendes gesellschaftliches Miteinander wichtig ist.
„Gerade die Bundespolitik sollte außerdem zur Kenntnis nehmen, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr genau um die Bedeutung eines funktionierenden gesellschaftlichen Miteinanders und von leistungsfähigen öffentlichen Einrichtungen wissen. Die sind ihnen – anders, als es oft unterstellt wird – oft sogar wichtiger als der eigenen Geldbeutel.“
Neben der allgemeinen Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit gehören laut den Umfrageteilnehmern auch der Klimaschutz, die Infrastruktur und die Modernisierung des öffentlichen Dienstes zu den zentralen Staatsaufgaben. Trotz der aktuell hohen Inflation folgt die „Entlastung der Bürger aufgrund der gestiegenen Preise“ im Ranking der wichtigsten Staatsaufgaben erst danach.
„Das zeigt deutlich: Ohne einen starken öffentlichen Dienst und eine krisenfeste Daseinsvorsorge wird der der Staat das Vertrauen der Bevölkerung nicht zurückgewinnen können.“