Robert Klatt
Die Wechselwirkungen zwischen Gesundheits- und Verkehrspolitik wurden bisher stark unterschätzt. Höhere Steuern auf Diesel und Benzin hätten positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und würden die Kosten des Gesundheitssystems senken.
Berlin (Deutschland). Forscher des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e. V. haben kürzlich ermittelt, dass höhere Benzin- und Dieselpreise in Deutschland zu einem deutlichen Rückgang der Emissionen des Autoverkehrs geführt haben. Nun haben Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) und des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e. V. (PIK) untersucht, ob und wie sich eine höhere Benzin- und Dieselsteuer auf die Gesundheit des Menschen auswirkt.
Die Basis der Studie bildet laut dem PIK das Wissen, dass körperliche Inaktivität bei sechs der zehn global häufigsten Todesursachen das Risiko signifikant erhöht. Zudem ist bekannt, dass bereits 2,5 Stunden Gehen wöchentlich die Gesundheit verbessern kann und das Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Demenz und Depressionen reduziert.
Laut der Publikation im Fachmagazin Economica wurde exemplarisch die Situation im Vereinigten Königreich (UK) und den U.S.A. untersucht. Die Mineralölsteuer lag im Studienzeitraum in den U.S.A. im Mittel bei 0,50 Dollar pro Gallone (4,55 Liter) und im UK bei 3,82 Dollar pro Gallone. In Deutschland ist die Energiesteuer mit 65,45 Cent pro Liter für Benzin und 47,04 Cent pro Liter für Diesel deutlich höher.
Die Wissenschaftler haben die idealen Steuern anhand unterschiedlicher Faktoren, die Zusatzkosten auslösen, ermittelt. Wenn man die Gesundheitsrisiken durch mangelnde Bewegung berücksichtigt, müssten die Steuern in den U.S.A. auf 12,92 Dollar und in UK auf 6,31 Dollar steigen.
Die sogenannte zweitbeste optimale Kraftstoffsteuer, die die Zusatzkosten durch mangelnde Bewegung nicht berücksichtigt, ist mit 8,99 Dollar (U.S.A.) und 4,56 Dollar (UK) ebenfalls deutlich höher als die aktuelle Mineralölsteuer.
Die Zusatzkosten für Bewegung liegen demnach bei 3,93 Dollar (U.S.A.) und 1,75 Dollar (UK), was 44 Prozent (U.S.A.) und 38 Prozent (UK) über dem zweitbesten optimalen Steuersatz liegt.
Die Studie zeigt somit erstmals, dass die Mineralölsteuer nicht nur die Emissionen des Verkehrssektors beeinflusst, sondern auch die Gesundheit des Menschen. Laut Inge van den Bijgaart von der Universität Utrecht wurden diese Wechselwirkungen zwischen Gesundheits- und Verkehrspolitik bisher in der Verkehrsökonomik kaum berücksichtigt.
„Die Wechselwirkungen zwischen Gesundheits- und Verkehrspolitik sind größer, als wir erwartet haben.“
Die Autoren erklären aber, dass Mineralölsteuern die Wahl, zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, nur minimal beeinflussen. Aber durch angepasste Steuersätze könnten alle Folgekosten der Autonutzung, einschließlich der Umweltbelastung und Staus berücksichtigt werden.
Economica, doi: 10.1111/ecca.12497