Robert Klatt
Menschen aus Städten mit stark steigenden Mieten unterstützen eher die Alternative für Deutschland (AfD). Am stärksten ist der Einfluss des Mietmarktrisikos bei einkommensschwachen Langzeitmietern.
Mannheim (Deutschland). Die Alternative für Deutschland (AfD) hat bisher vor allem im ländlichen Raum ihre Wähler gewonnen, während sie in den meisten urbanen Zentren deutlich schlechtere Ergebnisse erzielt hat. Eine Studie der Universität Mannheim zeigt nun, dass die seit Jahren stetig zunehmenden Mieten in den Mittel- und Großstädten des Landes nicht nur signifikante ökonomische und soziale Auswirkungen haben, sondern auch das Wahlverhalten beeinflussen.
Laut der Publikation im Fachmagazin Comparative Political Studies zeigt die deutschlandweite Studie, dass das sogenannte „Mietmarktrisiko“ die Unterstützung der AfD erhöht. Die Forscher definieren das Mietmarktrisiko als steigende Mieten in der Nachbarschaft, unabhängig davon, ob die Mieten der seit langen bestehenden Mietverträge dadurch bereits erhöht wurden. Es handelt sich somit um eine latente Bedrohung für Altmieter.
Um die Auswirkungen des Mietmarktrisikos auf das Wahlverhalten zu untersuchen, haben die Forscher Daten Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) mit den Mietpreisen auf Postleitzahlenebene verknüpft. Sie konnten so ermitteln, dass Menschen eher die AfD unterstützen, wenn im Umfeld ihrer Wohnung die Mieten steigen. Am stärksten ist die Korrelation bei einkommensschwachen Langzeitmietern. Wenn die durchschnittlichen Mieten in ihrer Nachbarschaft pro Quadratmeter um einen Euro erhöht werden, nimmt die Unterstützung der AfD um vier Prozent zu. Bei Menschen mit besonders hohen Haushaltseinkommen ist der Effekt umgekehrt.
„Wenn Mieten steigen, profitieren manche von den Aufwertungsprozessen. Andere nehmen diese Entwicklungen hingegen als sozio-ökonomische Bedrohung wahr. Letztere neigen verstärkt der AfD zu.“
Die Forscher erklären, dass dieser Effekt bei Menschen mit geringen Einkommen auch dann auftritt, wenn diese noch nicht von Mieterhöhungen betroffen sind.
„Sie empfinden steigende Mieten in ihrem Wohnumfeld als latente Bedrohung für ihren sozialen und wirtschaftlichen Status. Von den daraus resultierenden sozialen Abstiegsängsten profitieren Parteien des rechtsradikalen Spektrums. Dieses Muster ist bekannt und deckt sich mit Ergebnissen zahlreicher anderer Studien.“
Laut den Wissenschaftlern ist dieser Zusammenhang paradox, weil die AfD keine Wohnungsmarktpolitik verfolgt, die einkommensschwachen Menschen in Städten helfen würde.
Comparative Political Studies, doi: 10.1177/00104140241306963