Robert Klatt
In Deutschland sind die Mieten und die Wohnnebenkosten in den letzten Jahren stark gestiegen. Mehrere Millionen Haushalte sind dadurch überlastet.
Berlin (Deutschland). In Deutschland leben laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte über die Hälfte der Menschen zur Miete. Eine Untersuchung der Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung e. V. (HBS) zeigte bereits im August 2021, dass die immer höheren Mieten die wirtschaftliche Ungleichheit fördern und dafür sorgen, dass etwa 2,1 Millionen Menschen am Existenzminimum leben.
Eine aktuelle Studie des Öko-Instituts e. V. im Auftrag des Deutschen Mieterbundes e. V. (DMB) zeigt eine weitere Zuspitzung des Problems. Laut Lukas Siebenkotten, dem Präsidenten des DMB, ist aktuell rund ein Drittel der Mieterhaushalte durch die Wohnkosten überlastet.
„Bereits jetzt sind über sieben Millionen Haushalte mit ihren Wohnkosten überlastet, das ist jeder dritte Mieterhaushalt. Unsere neuesten Erkenntnisse über die derzeitige Wohnkostenbelastung der Mieterinnen und Mieter sind für die aktuelle Diskussion über die sozialgerechte Verteilung der Kosten für den Heizungsaustausch enorm wichtig.“
Gemäß den Informationen des Deutschen Mieterbundes fallen 50 Prozent der insgesamt 21 Millionen deutschen Mieterhaushalte in die niedrigsten drei Einkommensgruppen. Mieter, die diesen Einkommensgruppen zugeordnet sind, verfügen monatlich durchschnittlich über 1.709 Euro. Eine Erhebung zeigt, dass 3,1 Millionen dieser Mieterhaushalte über 40 Prozent ihres Einkommens für Kaltmiete und Heizkosten aufwenden müssen und somit als extrem belastet gelten.
Überdies verwenden weitere 4,3 Millionen Mieterhaushalte zwischen 30 und 40 Prozent ihres Einkommens auf ihre Gesamtmiete. Dies bedeutet, dass insgesamt mehr als 7 Millionen Haushalte, also etwa ein Drittel aller Mieterhaushalte in Deutschland, unter übermäßiger Belastung durch Wohnkosten leiden.
„Das sind alarmierende Zahlen, die selbst den Letzten wachrütteln sollten. Es ist erfreulich, dass die Ampel die Mehrbelastung der Mieterinnen und Mieter dem Vernehmen nach zumindest beim Heizungsaustausch reduzieren will. Das reicht aber nicht – die versprochenen Mietrechtsreformen aus dem Koalitionsvertrag müssen jetzt endlich umgesetzt werden. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesjustizminister auch in weiteren, zentralen Bereichen des Mieterschutzes, insbesondere bei den Themen Umgehung der Mietpreisbremse, Mieterhöhung, Mietwucher, Schonfristzahlung und Indexmiete, seine Blockade aufgibt und endlich die so dringenden Reformen auf den Weg bringt. Wie bitter nötig das ist, zeigen die Ergebnisse der Studie.“
Die Gestaltung der Mietspiegel stellt ein seit Langem anerkanntes Problem dar. Diese sollen in vielen Gebieten einen Überblick über das Preisgefüge abhängig von Lage, Größe und Ausstattung der Wohnungen bieten. Bei neuen Vermietungen darf die Miete höchstens 20 Prozent über der üblichen Ortsmiete liegen. Allerdings erfasst der Mietspiegel weder Wohnungen mit sozialer Bindung noch die in der Regel günstigeren Altverträge, die bereits länger als sechs Jahre bestehen. Beispielsweise zeigt der im März herausgegebene neue Münchner Mietspiegel durchschnittliche Mietpreiserhöhungen von 21 Prozent gegenüber dem vorherigen von 2021.
Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes beliefen sich die Kosten für Heizenergie, die von den Mietern getragen wurden, im Jahr 2021 auf durchschnittlich 772 Euro pro Jahr, oder umgerechnet 64 Euro pro Monat. Innerhalb eines Jahres, zwischen 2021 und 2022, hat sich die finanzielle Belastung für das Heizen verdoppelt und erreichte einen Wert von 1.477 Euro jährlich bzw. 123 Euro monatlich. Der Großteil der Mieterhaushalte nutzt fossile Brennstoffe zum Heizen, vorrangig Gas (52 %), gefolgt von Heizöl (18 %) und Fernwärme (19 %). Dr. Melanie Weber-Moritz, der Bundesdirektorin des DMB, fordert deshalb eine zeitnahe Umsetzung der versprochenen Mietrechtsreformen.
„Gerade Haushalte, die in älteren, ineffizienten sowie fossil beheizten Gebäuden wohnen, sind viel stärker durch hohe Energiekosten belastet. Hinzu kommen die immer weiter ansteigenden Mieten und die dauerhafte Umlage der Sanierungskosten auf Mietende – das ist für die Mehrheit der Mieterinnen und Mieter nicht mehr leistbar.“
Energetische Modernisierungen haben grundsätzlich das Potenzial, den Energieverbrauch und entsprechend die Belastung durch Heizkosten zu senken. Doch nach Angaben des Deutschen Mieterbundes führt die als Folge der Sanierungsmaßnahmen durchgeführte Mietpreisanpassung in der Mehrzahl der Fälle zu einer signifikanten Erhöhung der Gesamtmiete. Diese erhöhten Kosten können die potenziellen Ersparnisse aus dem geringeren Energieverbrauch oftmals übersteigen, wodurch die finanzielle Belastung für die Mieter letztlich steigt.
„Teilweise wurden unsere Forderungen im Rahmen der Reform des Heizungsgesetzes aufgegriffen, das ist erfreulich. Jetzt muss noch die Absenkung der Modernisierungsumlage folgen und die derzeitige maximale Kappungsgrenze von 3 Euro pro Quadratmeter und Monat halbiert werden. Dann hätten wir wirklich eine sozialverträgliche Wärmewende, mit der Warmmietenneutralität erreicht würde.“