Dennis L.
Als mobil Arbeitender gleichzeitig produktiv als auch gesund bleiben. Eine Herausforderung, vor der auch die Unternehmensführung steht. Denn Home-Office ist Segen und Fluch zugleich. Eine Studie der Universität St. Gallen in Kooperation mit der BARMER Krankenkasse macht deutlich, worauf es wirklich ankommt.
St. Gallen (Schweiz). Für die einen war es mit dem Beginn der Coronapandemie ein Umstieg von heute auf morgen. Für andere war es seit Jahren gängige Praxis: mobiles Arbeiten im Home-Office. Das Arbeiten im Home-Office hat Vorteile und definitiv seinen Platz in der modernen Arbeitswelt. Allerdings ist es auch nicht die Lösung für sämtliche Probleme.
Die Universität St. Gallen (Schweiz) führt seit mehreren Jahren gemeinsam mit der BARMER Krankenkasse eine repräsentative Studie durch, bei der sich über 8.000 Teilnehmer daran beteiligen. Ziel der Studie ist es, die Auswirkungen des mobilen Arbeitens sowohl auf den Arbeitsprozess als solchen herauszufinden, als auch auf die Gesundheit der Befragten.
Neben der reinen Identifikation von Herausforderungen sollen gleichzeitig auch Ursachen und potenzielle Lösungen für Probleme herausgestellt werden. Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren für mobiles Arbeiten, die die Studie aufzeigt, sind die folgenden:
Wenn möglich, sollte zu Hause ein eigener Raum für die Arbeit genutzt werden, eben ein "Home-Office" in der engeren Wortbedeutung. Wo das nicht möglich ist, empfiehlt es sich, einen festen Arbeitsplatz zu nutzen.
Dr. Ulrike Körner, Leiterin des betrieblichen Gesundheitsmanagements der BARMER, ergänzt:
"Vermeiden Sie ständige Wechsel des Ortes, sodass Sie diesen Platz mit der Zeit auch geistig mit der Arbeitswelt verbinden."
Torsten Montag, Inhaber und Chefredakteur des Gründerlexikons, wurde im Vorfeld der Studie als Experte zum Thema Home-Office befragt. Auch er ist überzeugt, dass die räumliche Trennung essenziell für erfolgreiches mobiles Arbeiten ist.
Eine große Herausforderung im Home-Office, insbesondere für jüngere Menschen, ist das Gefühl und der innere Drang der permanenten Verfügbarkeit.
Bei der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen liegt die Rate der psychischen Erschöpfung rund 10 Prozent höher als bei Kollegen, die nicht mobil arbeiten. Interessant ist aber, dass dieser Prozentsatz mit zunehmendem Alter abnimmt.
Bei Beschäftigten über 50 Jahren liegt der Prozentsatz sogar unter denen von nicht im Home-Office Arbeitenden. Bei der Gruppe 60+ liegt die Zahl circa 13 Prozent unter dem Durchschnitt.
Die Kommunikation der bevorzugten Arbeitszeiten darf jedoch nicht nur an das berufliche Umfeld erfolgen, sondern muss auch gegenüber der Familie erfolgen. Dieser Spagat gelingt bisher nur 45 Prozent der Befragten.
Je nach familiärer und wohnlicher Situation mag es schwierig sein, sowohl eine räumliche Trennung als auch Zeiten festzulegen, in denen man möglichst nicht von anderen gestört wird.
Dr. Körner gibt in diesem Zusammenhang den Rat:
"Arbeitszeiten sollten nicht von familiären Verpflichtungen unterbrochen werden. Kommunizieren Sie Ihrem privaten und beruflichen Umfeld, wann Sie arbeiten und wann Sie privat erreichbar sind. Das wird helfen, die Zeiten tatsächlich einzuhalten."
Um den ungewollten inneren Stress zu reduzieren, ist auch eine elektronische Abgrenzung zur Arbeit empfehlenswert. Führungskräfte ihrerseits sollten sich an die vereinbarten Arbeitszeiten halten.
Eine Idee ist es, auf privaten Geräten, wie Smartphones, Apps nicht mit einem beruflichen Profil zu verbinden. Auch geschäftliche E-Mails sollten, wenn möglich, nicht auf dem privaten Handy erscheinen.
Selbstverständlich ist die Situation bei jedem Beschäftigen anders. Mitunter mag es notwendig sein, auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten verfügbar zu sein. Um eine auftretende mentale Erschöpfung zu reduzieren, ist dieser Tipp jedoch Gold wert.
Die bisher besprochenen Aspekte tragen dazu bei, dass das Arbeiten von zu Hause aus gelingt. Dennoch gibt es auch Herausforderungen, die sich nicht einfach so lösen lassen, wie der fehlende soziale Kontakt zu Teamkollegen.
Torsten Montag, der selbst seit über 15 Jahren im Home-Office arbeitet, berichtet:
"Ich habe lange Zeit geglaubt, ich brauche den persönlichen Austausch im Büro nicht. Aber der Mensch ist ein soziales Wesen, er benötigt soziale Kontakte. Dabei geht es nicht nur um Kommunikation, sondern auch um Teamfähigkeit. Allein zu Haus muss man sich an niemanden anpassen, auf niemanden Rücksicht nehmen. Die soziale Empathie geht im Laufe der Zeit verloren."
Hybrid-Modelle, bei dem der Beschäftigte sowohl von zu Hause aus, als auch im Büro gemeinsam mit dem Team arbeitet, scheint eine ausgezeichnete Lösung für die Kombination beider Welten zu sein.
"Ich habe keine Sorge, was die Effizienz und die Effektivität angeht. Ich vertraue meinen Mitarbeitern und das funktioniert. Was leidet, ist die Kreativität“, so Dr. Regina Vetters, Leiterin Digitales und Innovation bei der BARMER gegenüber dem DUP Magazin. „Was ich mir für die Zukunft wünsche, ist ein Hybrid-Modell und ein entspannter Umgang mit Home-Office und stationärem Büro, denn beides hat Vorteile."
Home-Office schafft Freiräume und mehr Flexibilität für Beschäftigte. Gleichzeitig entfällt die Fahrt zum Büro, was hochgerechnet, für einige Angestellte, viele Stunden mehr Freizeit pro Woche bedeuten kann.
Für kreatives Arbeiten, das Zusammengehörigkeitsgefühl sowie die Synergien, die sich aus Teamwork ergeben, ist Home-Office, wenn überhaupt, jedoch nur sehr eingeschränkt empfehlenswert. Daher sind jetzt Unternehmen und Führungskräfte gefragt, die Vorteile der beiden Arbeitsweisen miteinander zu vereinen.