Robert Klatt
In Deutschland wachsen immer mehr Kinder in einem bildungsfernen Milieu auf. Besonders groß ist das Problem in Städten mit über 100.000 Einwohnern und in Familien mit Migrationshintergrund.
Köln (Deutschland). In Deutschland besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Bildung und den Berufen der Eltern und den Bildungschancen des Kindes. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e. V. (IW) auf Basis des Mikrozensus zeigt nun, dass der Anteil an minderjährigen Kindern, die aus bildungsfernen Familien stammen, von 2011 (11,4 %) bis 2021 (17,6 %) deutlich zugenommen hat. Als bildungsferne Familie definiert ist eine Familie, in der die Eltern keinen Hochschulabschluss oder Berufsausbildung haben. Der Anteil der Kinder aus Familien mit Eltern ohne Schulabschluss ist von 2011 (3,5 %) bis 2021 (5,5 %) ebenfalls deutlich gestiegen.
Laut den Wissenschaftlern des IW betrifft das Problem vor allem Großstädte mit über 100.000 Einwohnern, in denen der Anteil der bildungsfernen Kinder (23,2 %) etwa doppelt so hoch ist wie in Städten mit unter 20.000 Einwohner. Das Stadt-Land-Gefälle ist in der gesamten Bundesrepublik vorhanden, betrifft aber nicht alle Regionen gleich stark.
Die Daten des Mikrozensus zeigen zudem, dass auch Zuwanderung oder Migrationsgeschichte starker Faktoren sind. In Familien mit einem Migrationshintergrund sprechen viele bildungsferne Kinder kein Deutsch (17,2 %). Zudem leben knapp zwei Drittel der bildungsfernen Kinder in einer Familie, in der beide Eltern einen Migrationshintergrund haben.
Laut den Studiendaten beeinflusst die Bildung der Eltern den Bildungsweg der Kinder stark. Der Anteil der Kinder, die ein Gymnasium besuchen, ist bei bildungsfernen Familien (17,2 %) deutlich geringer als bei Kindern aus einer nicht bildungsfernen Familie (42,3 %). Wenn bei Eltern keinen Schulabschluss besitzen, ist der Anteil am geringsten (12,6 %).
Die Differenzen zwischen Kinder aus bildungsfernen und aus nicht bildungsfernen Familien beginnen bereits im jungen Eltern. Der Anteil der Unter-Dreijährigen, die eine Kindertagesstätte (Kita) besuchen, ist bei bildungsfernen Familien (17,1 %) deutlich geringer als bei nicht bildungsfernen Familien (29,6 %). Laut Wido Geis-Thöne vom IW ist dies kritisch, weil vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien mehr Hilfe benötigen.
„Besonders groß sind die Handlungsbedarfe dabei in Einrichtungen, die von sehr vielen Kindern besucht werden. Daher sollten diese mit zusätzlichen finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.“