Robert Klatt
Invasive Krebstierarten bedrohen die globalen Ökosysteme. Eine Studie zeigt nun, dass auch die Wirtschaft unter ihnen leidet.
Frankfurt am Main (Deutschland). Gebietsfremde Arten (Neobiota) wie Fische, Muscheln oder Krebstiere können in Süßwasserökosysteme starke Schäden verursachen. Anfällig für invasive Arten sind laut einer Studie des Senckenberg-Forschungszentrums für Biodiversität und Klima (BiK-F) vor allem die Ökosysteme Europas. Besonders Flusskrebse und Krabben können aufgrund ihrer Größe und ihrer guten Anpassung an unterschiedliche Lebensbedingungen die lokale Umwelt negativ beeinflussen, indem sie etwa endemische Arten ersetzen.
„In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte beim Verständnis der ökologischen Auswirkungen invasiver Arten auf Ökosysteme gemacht. Doch obwohl den Einschleppungswegen und Auswirkungen dieser gebietsfremden Arten in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, sind die entstehenden wirtschaftlichen Kosten häufig noch unzureichend bekannt“, erklärt Plilip Haubrock vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.
Ein Team um Haubrock hat deshalb erstmals untersucht, wie hoch die wirtschaftlichen Schäden durch invasive Krebstiere in Süßgewässern global sind. Als Basis der im Fachmagazin Science of The Total Environment publizierten Studie diente die Datenbank „InvaCost“, die unter anderem vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) betrieben wird.
Die Datenbank enthält alle bekannten monetären Schäden, die durch invasive Arten entstehen. Haubrock filterte mit seinem Team aus diesem Bestand alle Einträge, die durch invasive Krebstierarten entstanden sind und analysierte diese detailliert.
„Die globalen wirtschaftlichen Kosten invasiver aquatischer Krebstiere beliefen sich seit Beginn der Erfassung in den 1960er-Jahren auf 236 Millionen Euro“, erklärt Haubrock. Der Hauptteil davon wurde durch Flusskrebse und Krabben verursacht, besonders durch den Signalkrebs. „Die durch Krebse verursachten Kosten können wir hauptsächlich dem Signalkrebs in Schweden zuschreiben – diese Art verursachte dort seit dem Jahr 2000 Schäden von 101,5 Millionen Euro“, so Haubrock.
Invasive Krabbenarten haben Schäden in Höhe von 130,3 Millionen Euro verursacht. Davon entfällt ein Großteil auf die Europäische Grüne Krabbe und die Chinesische Wollhandkrabbe, die Anfang des 20. Jahrhunderts aus Asien eingeschleppt wurde. Inzwischen bevölkert die Chinesische Wollhandkrabbe fast alle Ökosysteme Europas.
Die Schäden entstehen sowohl durch die Schädigung des Ökosystems als auch durch den Verlust von Ressourcen. Besonders betroffen davon ist die Fischerei. Die Einträge der InvaCost-Datenbank sind hierzu jedoch unvollständig.
Außerdem sind die Daten laut den Autoren sehr wahrscheinlich unvollständig, weil lediglich Schäden in Mitteleuropa, Nordamerika und Japan erfasst sind. „Leider gibt es bei der Erfassung der invasiven Krebstiere und der entstehenden Kosten große Datenlücken: Das fängt bei der Abwesenheit ganzer Kontinente, wie Afrika oder Australien, an und geht mit fehlenden Daten zu Zeiträumen und Arten weiter. Wir gehen daher davon aus, dass die gemeldeten monetären Kosten stark unterschätzt werden“ erklärt Haubrock
Laut den Autoren ist deshalb eine systematische Erfassung invasiver Krebstiere und der daraus entstehenden Kosten dringend notwendig. Die monetären Schäden können ansonsten nicht erfasst werden. „Dies wird es den nationalen und regionalen Behörden ermöglichen, in geeignete Strategien und Maßnahmen zu investieren, die dazu beitragen können, diese Auswirkungen in Zukunft abzumildern“, konstatieren die Wissenschaftler.
Science of The Total Environment, doi: 10.1016/j.scitotenv.2021.152325