Robert Klatt
Die wahren Kosten des Autofahrens sind deutlich höher als angenommen. Im Mittel trägt die Allgemeinheit pro Auto Kosten in Höhe von 5.000 Euro pro Jahr. Müssten Autofahrer alle anfallenden Kosten selbst bezahlen, wäre selbst ein Opel Corsa nur für Gutverdiener bezahlbar.
Kalmar (Schweden). Eine Studie der Universität Mannheim zeigte kürzlich, dass Autobesitzer in Deutschland die Kosten stark unterschätzen. Im Mittel schätzen die Besitzer die Kosten für Anschaffung, Wartung, Sprit, Steuern und Gebühren um 221 Euro pro Monat niedriger ein als sie in der Realität sind. Nun zeigt eine Studie der Linnaeus University, dass neben den Kosten, die die Autobesitzer selbst bezahlen, auch die Gesellschaft pro Jahr Kosten in Höhe von etwa 5.000 Euro pro Auto tragen muss.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Ecological Economics berechnete das Team um Mobilitätsforscher Stefan Gössling die Gesamtkosten für drei Autotypen, nämlich einen Kleinwagen (Opel Corsa), ein Auto aus der Kompaktklasse (VW Golf) und einen SUV (Mercedes GLC).
Bei einer hypothetischen Nutzungsdauer von 50 Jahren und einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr lägen die Gesamtkosten des Opel Corsa bei 600.000 Euro (12.000 Euro pro Jahr). Beim Golf wären es 653.561 Euro (13.071 Euro pro Jahr) und beim Mercedes GLC 956.798 Euro (19.136 Euro pro Jahr). Müssten die Autobesitzer auch die externalisierten Kosten tragen, könnte sich selbst einen Opel Corsa demnach nur noch ein Gutverdiener leisten, erklären die Autoren.
Die Studie berücksichtigt bei der Ermittlung der Kosten insgesamt 23 Faktoren, darunter etwa Aufwendungen für den Führerschein sowie Park- und Mautgebühren. Außerdem werden auch einige Kosten miteinbezogen, die auf den ersten Blick nicht direkt auffallen, wie etwa Wartezeiten im Stau.
Die Kosten für die Allgemeinheit fallen unter anderem in Form der Luftverschmutzung und durch den Landverbrauch an. Hinzukommt die Instandhaltung von Straßen und anderer Infrastruktur, die durch die Steuern der Autofahrer nicht gedeckt werden können. Weitere externalisierte Kosten sind Einschränkungen für Menschen, die statt mit dem Auto mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind, sowie der Lärm und die Beschleunigung des Klimawandels.
Entscheidend für die Studie ist die Umrechnung schwer bezifferbaren Faktoren wie die Wartezeit in Stau in monetäre Werte. Die Wissenschaftler setzten deshalb die Wartezeit als verlorene Arbeitszeit an und kommen somit auf Kosten in Höhe von 555 Euro pro Auto und Jahr.
Die Kosten der Luftverschmutzung ermittelten die Autoren anhand deren Einfluss auf die Lebenserwartung und Umfragen, in denen Menschen erklärten, wie viel ihnen weitere Lebensjahre wert wären. Auch die ungelebten Jahre von Unfalltoten wurden so in der Studie als externalisierte Kosten berücksichtigt.
Selbst unter der Prämisse, dass sich der reale Geldwert von Lebenszeit kaum bestimmen lässt, zeigt die Studie somit, dass die wahren Kosten des Autofahrens deutlich höher sind als bisher angenommen.
Ecological Economics, doi: 10.1016/j.ecolecon.2021.107335