Robert Klatt
In Deutschland nimmt die Zahl der Akademiker ständig zu. Eine Studie zeigte nun, dass Fortbildungsabsolventen mit Meister oder Techniker am Arbeitsmarkt dieselben Chancen haben wie Bachelorabsolventen, ohne dafür ein langes Studium absolvieren zu müssen.
Köln (Deutschland). Laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) haben sich im Wintersemester 2019/2020 2.897.399 Studenten an Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland eingeschrieben. Im Vergleich zum vorherigen Wintersemester ist dies eine Steigerung von einem Prozent, im Zehnjahresvergleich hat sich die Zahl der Immatrikulationen sogar um 37 Prozent erhöht. Hauptverantwortlich für die steigende Anzahl der Studienanfänger sind die als attraktiver empfundenen Berufe und die besseren Karrierechancen sowie die höheren Verdienstmöglichkeiten.
Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e. V. (IW) entspricht diese Annahme in vielen Bereichen nicht der Realität. Die Arbeitsmarktforscher, die Studie im Auftrag des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e. V. (DIHK) erstellt haben, haben dazu die Einkommenssituation und die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten von Akademikern und Personen mit Fortbildungsabschluss verglichen.
Neben den bekannten Fortbildungsabschlüssen Industriemeister, Handwerksmeister und Techniker gibt es in Deutschland noch eine Reihe weiterer Aufstiegsfortbildungen. Dazu gehören alle in § 53 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und § 42 Handwerksordnung (HwO) erfassten Abschlüsse sowie Abschlüsse an Fachschulen und Fachakademien, die die einzelnen Bundesländer individuell regulieren. Dies sind beispielsweise Fachwirte, Betriebswirte aber auch Küchenmeister, die dasselbe Qualifikationsniveau besitzen wie andere Fortbildungsabschlüsse.
Laut den Studienergebnissen des IW liegt das durchschnittliche Einkommen aller Akademiker leicht über dem durchschnittlichen Einkommen aller Personen mit einem Fortbildungsabschluss. Je nach Beruf, Branche und Fachrichtung des Fortbildungsabschlusses gibt es aber auch Bereiche, in denen Akademiker nicht mehr verdienen. Dazu kommt noch der große Einkommensvorsprung, den Personen mit Fortbildungsabschluss bereits während ihrer Ausbildung aufbauen und den Akademiker nach ihrem langjährigen Studium erst aufholen müssen.
Die Studie zeigte, dass Fortbildungsabsolventen gegen Bachelorabsolventen keine signifikant niedrigeren Gehälter am Arbeitsmarkt erzielen. Außerdem gibt es auch unter Fortbildungsabsolventen eine große Gruppe mit Einkommen, die weit über dem Landesdurchschnitt von Deutschland liegen.
Insgesamt sind laut den Studienautoren die Karrierechancen mit einem Fortbildungsabschluss nahezu auf dem gleichen Niveau wie mit einem Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Besonders in kleinen und mittelständischen Unternehmen sind Fortbildungsabsolventen aufgrund ihrer Berufserfahrung häufiger in Führungspositionen als Akademiker. Mitverantwortlich dafür ist auch ihre Qualifikation als Ausbilder, die zwangsweise nötig ist, wenn Unternehmen junge Menschen in Industrie- und Handwerksberufen ausbilden möchten.
Die Studie zeigte aber auch, dass Akademiker besonders in Großunternehmen einen Vorteil haben und dort häufiger große Teams leiten und höchste Führungspositionen belegen. Zusammenfassend kommen Fortbildungsabsolventen also öfter in Führungspositionen, bekleiden aber selten Stellen im Topmanagement.
Abteilungen in denen Fortbildungsabsolventen häufiger tätig sind und auch Führungspositionen übernehmen sind:
Akademiker haben hingegen Vorteile in den Bereichen:
Kaum Unterschiede zwischen Fortbildungsabsolventen und Akademikern gibt es in den Abteilungen:
Die Studie untersuchte außerdem das typische Profil der Berufstätigen mit Fortbildungsabschluss. Es zeigte sich dabei, dass überdurchschnittlich viele Männer diesen Karrierepfad einschlagen, die zu Beginn ihrer Weiterbildung zum Meister, Techniker oder einem anderen Abschluss bereits Kinder haben. Im Mittel verfügen sie vor Beginn ihrer Weiterbildung über sechs Jahre Erfahrung in ihrem Ausbildungsberuf. Außerdem zeigte ihr psychologisches Profil, eine auffallend hohe Karriere- und Familienorientierung.