Robert Klatt
In Deutschland haben Jugendliche aus wohlhabenden Haushalten deutlich öfter einen Nebenjob als Jugendliche aus ärmeren Elternhäusern. Die kürzliche Bürgergeldreform könnte die signifikanten Diskrepanzen reduzieren.
Köln (Deutschland). Ein Nebenjob ist für viele Jugendliche der erste Einblick in das Arbeitsleben. Laut einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) von Dr. Wido Geis-Thöne arbeiten in Deutschland rund 40 Prozent der Jugendlichen neben der Schule.
„Wer früh Erfahrungen im Arbeitsleben sammelt, wird schneller, zuverlässiger und eigenständiger als andere. Solche frühen Jobs und Praktika erleichtern oft den Einstieg ins Arbeitsleben.“
Die Daten des Sozio-ökonomischen Panels, einer wissenschaftlichen Haushaltsbefragung, zeigen aber überraschend, dass Jugendliche aus ärmeren Elternhäusern deutlich seltener einen Nebenjob haben als Jugendliche aus wohlhabenden Elternhäusern.
Wenn man die Familien in besser situierte und weniger wohlhabende Kategorien unterteilt, zeigt sich, dass mehr als die Hälfte (52 %) der jungen Menschen aus finanziell besser gestellten Hintergründen bereits mit Aushilfsjobs vertraut sind. Verglichen dazu haben nur 31,5 Prozent aus weniger begüterten Familien diese Erfahrung gemacht. Bei Betrachtung der obersten Einkommensgruppe haben 60 Prozent der Jugendlichen bereits in die Arbeitswelt hineingeschnuppert, während es bei den am wenigsten Begüterten knapp 30 Prozent sind.
Die genauen Gründe für diese signifikanten Diskrepanzen hat die Studie nicht untersucht. Geis-Thöne vermutet jedoch, dass finanziell besser gestellte Familien über ein umfangreicheres Netzwerk verfügen, welches den Jugendlichen den Zugang zu passenden Jobs erleichtert. Zudem wurde festgestellt, dass Kinder von Akademikern oder Selbstständigen sowie Jugendliche, die ein Gymnasium besuchen, tendenziell häufiger arbeiten.
Jugendliche aus Familien, die Hartz-IV erhalten, standen früher vor rechtlichen Hürden. Ihr Einkommen aus Nebentätigkeiten wurde zum Gesamteinkommen der Familie hinzugezählt, was zu Kürzungen der staatlichen Unterstützung führte. Dank der Intervention der FDP wurde diese Regelung überarbeitet. Seit Beginn des Jahres dürfen Jugendliche bis zu einem Betrag von 520 Euro monatlich hinzuverdienen, ohne dass dies auf die Familienhilfe angerechnet wird. Mittelfristig könnte diese Änderung also dazu führen, dass mehr Jugendliche aus Haushalten, die Sozialhilfe erhalten, ebenfalls einen Nebenjob annehmen.