Robert Klatt
In Deutschland konnten Immobilienkäufer lange große Kostenvorteile gegenüber Mietern erzielen. Eine Studie hat nun untersucht, ob sich das Kaufen trotz der höheren Zinsen noch immer lohnt.
Köln (Deutschland). In Deutschland stehen viele Menschen vor der Entscheidung, eine Immobilien zu kaufen oder zu mieten. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kam 2022 zu dem Ergebnis, dass das Immobilien kaufen in 328 der 401 deutschen kreisfreien Städte und Landkreise günstiger als das Mieten war. Die Ökonomen nutzten als Datenbasis die Kaufpreise der Objekte und die Mieten von Neuverträgen. Käufer zahlten demnach 2022 im Mittel monatlich 10,04 Euro pro Quadratmeter, während Mieter für vergleichbare Objekte 10,90 Euro je Quadratmeter bezahlen mussten. Im Durchschnitt lag der Kostenvorteil des Kaufens gegenüber dem Mieten 2022 bei 8,0 Prozent.
Nun haben die Forscher des IW um Michael Voigtländer für die Immobilienfirma Accentro in Anbetracht der deutlich höheren Zinsen erneut untersucht, ob das Kaufen noch immer günstiger als das Mieten ist. Laut der Studie sind in vielen Großstädten, darunter Berlin, Hamburg und München, Neuvertragsmieten inzwischen etwas günstiger als der Kauf einer Immobilie. In vielen Regionen haben Käufer trotz der höheren Zinsen aber noch immer deutliche Kostenvorteile.
„Die höchsten Kostenvorteile können wir im Umland von Metropolen und Großstädten sowie im ländlichen Raum beobachten.“
Die landesweit größten Einsparungen fanden sich in den Gebieten Sömmerda in Thüringen, Jerichower Land in Sachsen-Anhalt und Oder-Spree in Brandenburg.
Historische Daten aus dem Jahresbericht 2021 zeigen den erheblichen Einfluss der Zinsen. 2021 lag der finanzielle Vorteil für Käufer gegenüber neuen Mietverträgen im Mittel bei 60 Prozent. Die monatlichen Kosten pro Quadratmeter für Eigennutzer lagen 2021 bei nur 4,23 Euro, während Mieter 10,30 Euro bezahlen mussten.
2022 waren die Zinsen für Immobilienkredite bereits deutlich höher. Die Ökonomen des IW gingen in ihrer Analyse von einem durchschnittlichen Jahreszins von 2,65 Prozent aus, und zwar für Darlehen mit einer Zinsfestschreibung von einem Jahrzehnt. Die monatlichen Kosten für Immobilienkäufer stiegen dadurch auf 10,04 Euro pro Quadratmeter an, während die Kosten der Mieter nur moderat auf 10,90 Euro stiegen.
Laut der aktuellen Studie des IW sind die Kreditzinsen deutlich höher. Gerechnet wurde mit einem Zinssatz von 3,7 Prozent bei einer zehnjährigen Zinsfestschreibung. Diese Entwicklung verschiebt die Vorteile in Richtung der Mieter. In 300 der 401 Landkreise (75 %) verursacht das Immobilien kaufen bei diesem Zinssatz höhere Kosten als das Mieten mit Neuverträgen. Der Erwerb von Immobilien bleibt jedoch in kostengünstigen, ländlichen Gegenden weiterhin die günstigere Option.
Die Autoren rechnen damit, dass die Inflation bis Ende 2023 deutlich sinkt. Dies könnte laut Lars Schriewer, dem Geschäftsführer von Accentro, eine Senkung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank (EZB) wahrscheinlicher machen und damit auch die Bauzinsen wieder fallen lassen.
„Ein Rückgang der Zinsen könnte den Reiz des eigenen Heims wieder steigern.“
Käufer sollten dennoch wirtschaftliche und demografische Trends im Auge behalten, da laut Schriewer „automatische Wertsteigerungen keineswegs sicher sind“. Die Untersuchung simuliert drei verschiedene Szenarien. Die Modelle „rasche Erholung“ und „moderate Erholung“ setzen erste Zinssenkungen entweder Ende 2023 oder Anfang 2024 voraus, was die Ausgaben für Eigennutzer spürbar reduzieren würde. Im Szenario „Stagnation“ hingegen würden die Zinsen trotz sinkender Inflation konstant bleiben. In diesem Fall würde ein Anstieg der Mietkosten erst nach 2024 zu erhöhten finanziellen Vorteilen für Immobilienbesitzer führen.