Ungenutztes Potenzial

Mieterstrom könnte in Deutschland Millionen Menschen versorgen

Robert Klatt

Wohnhaus mit Solaranlage für Mieterstrom )kcotS ebodAKiRE(Foto: © 

In Deutschland gibt es bisher kaum Mieterstromanlagen. Eine Analyse zeigt nun, dass das Mieterstrommodell Millionen Menschen mit günstiger Energie versorgen könnte.

Köln (Deutschland). Das Mieterstrommodell in Deutschland sieht vor, dass Strom für Mieter in unmittelbarer räumlicher Nähe produziert wird und nicht in die öffentlichen Stromnetze gelangt. Mieter können den Strom direkt von ihrem Vermieter kaufen und damit gegenüber dem lokalen Grundversorgungstarif sparen. Aktuell (Stand Mai 2024) ist die Anzahl der Mieterstromanlagen mit knapp 9.000 aber noch sehr niedrig.

Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben nun eine Studie publiziert, laut der das Mieterstrommodell noch großes Potenzial besitzt. Die Analyse zeigt, dass in den letzten Jahren vor allem auf Ein- und Zweifamilienhäusern neue Solaranlagen gebaut wurden, während auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern kaum Module installiert wurden. Dies liegt laut den Autoren unter anderem daran, dass die aktuelle Gesetzeslage dazu führt, dass die Interessen der Mieter und Vermieter oft nicht deckungsgleich sind.

19 Millionen Mieterhaushalte in Mehrfamilienhäusern

Laut dem IW könnten 14,3 Millionen der 19 Millionen Mieterhaushalte (75,3 %) Mieterstrom erhalten, wenn man auf den 1,9 Millionen Gebäuden entsprechende Kraftwerke installieren würde. Die Solaranlagen könnten jährlich etwa 43 Terawattstunden (TWh) Strom produzieren. Ähnliche Daten lieferte kürzlich auch eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), die das Potenzial für Solaranlagen auf allen deutschen Dächern erfasst hat.

Reform des Mieterstrommodells nötig

Derzeit verhindern unterschiedliche Probleme jedoch den Ausbau des Mieterstrommodells. Laut der Studie ist das Modell vor allem bei Häusern mit nur wenigen Mietparteien oft ökonomisch nicht sinnvoll, weil die Mieter nicht dazu verpflichtet werden können, den Strom von ihrem Vermieter zu beziehen. In diesem Fall muss der Vermieter den Strom in das öffentliche Stromnetz einspeisen, was zu einer signifikant niedrigeren Vergütung führt, die Investitionen in Solaranlagen unrentabel macht.

Problematisch ist zudem, dass der Entscheidungsprozess bei Eigentümergemeinschaften oft sehr langwierig ist und entsprechende Anlagen erst mit großer Verzögerung installiert werden. Dies liegt auch daran, dass in den meisten Bestandsgebäuden die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung des Mieterstrommodells, etwa passende Stromzähler, noch nicht vorhanden sind und kostspielige Umbaumaßnahmen erfordern. Die Forscher erklären deshalb, dass das große Potenzial des Mieterstrommodells ungenutzt bleiben wird, wenn keine Reform erfolgt.

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