Robert Klatt
Wohnraum ist in vielen Großstädten knapp. Ein Mieterverband möchte deshalb den Wohnraum pro Person zu beschränken. Familien mit großen Wohnungen müssten dadurch möglicherweise ausziehen.
Zürich (Schweiz). In vielen Groß- und Mittelstädten ist Wohnraum zunehmend knapp. Laut Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts, fehlen in Deutschland aktuell rund 700.000 Wohnungen.
„Bei den bezahlbaren Wohnungen wird das ohnehin schon massive Versorgungsloch immer größer, bei den Sozialwohnungen ist es längst ein Krater.“
Ähnlich ist die Situation auch in vielen anderen Länder, darunter in der Schweiz, wo laut einer Schätzung des Unternehmens Wüst Partner derzeit etwa 50.000 Wohnungen fehlen. Besonders in Genf und Zürich müssen Interessenten deshalb oft lange suchen, bis sie eine passende Mietswohnungen finden.
Der Mieterverband (MV) fordert als Reaktion auf die anhaltende Entwicklung, eine Beschränkung der Wohnfläche pro Person. Aktuell wird dies bereits bei vielen Genossenschaften und Wohnungen der öffentlichen Hand umgesetzt. Private Vermieter unterliegen in der Schweiz dieser Pflicht aber noch nicht.
Im Forderungskatalog heißt es dazu konkret, dass die Anzahl der Zimmer minus eins die Mindestbelegung einer Wohnung entsprechen soll. Ein Singlehaushalt dürfte demnach maximal eine Zwei-Zimmerwohnung mieten und eine Familie mit aus vier Personen maximal eine Fünf-Zimmer-Wohnung.
SP-Ständerat Carlo Sommaruga (GE), Präsident des MV, ist überzeugt, dass diese Maßnahmen zu einer optimalen Belegung des Wohnraums führen würde. Zudem ist sie mit anderen Maßnahmen kombinierbar. Um Umzüge zu vereinfachen, fordert der MW, dass Mieter ihre Wohnungen zu identischen Vertragsbedingungen tauschen können.
Personen, die etwa nach einer Scheidung oder dem Auszug der Kinder ihre nun zu große Wohnung verlassen müssten, könnten dadurch leichter eine kleinere Wohnung finden. Auch Verbands-Vize und Grünen-Nationalrat Michael Töngi geht davon aus, dass es in der Schweiz eine Debatte um Wohnraum geben muss.
„Es braucht eine Diskussion über den Wohnflächenverbrauch und wie wir ihn senken können.“
Es wird immer häufiger zum Problem, dass Singles oder Paare bei der Wohnungssuche Familien gegenüber bevorzugt werden. Die Begründung hierfür ist oft, dass sie als angenehmer oder unkomplizierter in der Mieterschaft gesehen werden. Dies führt zu dem paradoxen Umstand, dass große Wohnungen, die eigentlich für Familien konzipiert wurden und dringend von diesen benötigt werden, vermehrt an Einzelpersonen oder Paare vermietet werden.
Kritiker der umstrittenen Forderungen wie Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy (VS) sehen darin eine massive Einschränkung der Eigentumsrechte.
„Wenn nach einer Scheidung beide Elternteile die Kinder substanziell betreuen wollen, dann geht das nicht mit einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Oder wenn jemand stirbt – sollen die Hinterbliebenen dann rausgeworfen werden?“
Er betont auch, dass eine solche Regelung mit einem erheblichen bürokratischen Kontrollaufwand verbunden wäre. Er ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen die Wohnungsnot nicht lindern würden. Stattdessen sieht er die Lösung darin, Bauprojekte zu erleichtern.