Robert Klatt
Wohnverhältnisse haben einen erheblichen Einfluss auf den Alterungsprozess des Menschen. Besonders schnell altern Menschen in Mietwohnungen. Die Studie zeigt somit, dass die Wohnungspolitik eine entscheidende Position in der Gesundheitsförderung hat.
Adelaide (Australien). Die physische und psychische Gesundheit und der Alterungsprozess des Menschen werden auch durch seine Wohnung beeinflusst, etwa durch Kälte, Schimmel, Stress und Überbelegung. Bisher hat die Wissenschaft aber noch nicht detailliert untersucht, wie stark sich diese Faktoren auswirken. Forscher der University of Adelaide um Amy Clair haben deshalb eine umfassende Studie erstellt, die epigenetische Informationen, Umfragedaten und Anzeichen von biologischer Alterung einbezieht.
Die Epigenetik ist ein Fachgebiet der Biologie, das untersucht, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und damit die Entwicklung der Zelle zeitweilig beeinflussen. Untersucht werden hierbei Änderungen der Genfunktion, die nicht durch Veränderungen der Desoxyribonukleinsäure (DNA) beruhen.
Laut ihrer Publikation im Journal of Epidemiology & Community Health basiert die Studie auf Daten der UK Household Longitudinal Study (UKHLS). Diese Studie liefert umfassende Informationen zu den ökonomischen Aspekten von Wohnungen, darunter der Gebäudetyp, das Mietverhältnis und eventuelle staatliche Unterstützung der Mieter. Überdies beinhaltet die UKHLS psychosoziale Aspekte wie die Wohnkosten, Zahlungsrückstände, Überbelegung sowie Umzugsabsichten und -präferenzen.
Zusätzlich haben die Forscher auf Basis des British Household Panel Survey (BHPS) Gesundheitsinformationen von 1.420 Menschen erfasst und Blutproben der Probanden entnommen. Anhand der Blutproben konnten die Forscher eine DNA-Methylierungsanalyse durchführen, die Rückschlüsse auf das biologische Alter ermöglicht.
Bei der Analyse der Daten berücksichtigten die Autoren weitere Einflussfaktoren, darunter das der sozioökonomische Status, die Ernährung, den Stress, finanzielle Probleme, das Geschlecht und die Nationalität. Weil sich die Geschwindigkeit des biologischen Alterungsprozess parallel zur chronologischen Alterung beschleunigt, wurde dies ebenfalls berücksichtigt.
Die umfassenden Daten zeigen, dass Menschen, die in einer gemieteten Wohnung leben, schneller biologisch altern. Der Einfluss des Mietens ist im Vergleich zu einem bezahlten Eigenheim fast doppelt so groß wie der Unterschied zwischen Nichtbeschäftigung und Beschäftigung.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Wohnverhältnisse einen erheblichen Einfluss auf die biologische Alterung haben, sogar noch mehr als andere wichtige soziale Determinanten, wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit. Daher sollten gesundheitliche Auswirkungen eine wichtige Überlegung bei der Gestaltung von Wohnungspolitiken sein.“
Wenn historische Wohnverhältnisse in die Analyse einbezogen wurden, waren wiederholte Mietrückstände und Belastungen durch Umweltverschmutzung ebenfalls mit einer schnelleren biologischen Alterung verbunden.
Die Autoren erklären, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, die keine Ursache erklären kann. Trotz dieser Einschränkungen betonen die Forscher, dass diese Ergebnisse zeigen, dass die Wohnungspolitik die Gesundheitsförderung stark beeinflussen kann. Sie empfehlen, dass Wohnreformen die Priorität haben sollten, da sie nicht nur einen wirtschaftlichen Nutzen bringen können, sondern auch den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern.
Journal of Epidemiology & Community Health, doi: 10.1136/jech-2023-220523