D. Lenz
Forscher bestätigen: Eine Kombination aus Anwesenheit im Büro und dem Arbeiten im Homeoffice ist ideal – für das Unternehmen und dem Angestellten.
Stanford (U.S.A.). Die stetig fortschreitende Digitalisierung der Arbeit führt zu einer der größten Veränderungen der Betriebsstrukturen und der individuellen Arbeitsgestaltung seit der Einführung der industriellen Massenfertigung. Insbesondere gefragte Fachkräfte fordern in den letzten Jahren verstärkt flexible Arbeitszeitmodelle und Arbeiten im Homeoffice, um so Familie und Beruf vereinen zu können. Inzwischen setzen in Deutschland laut einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 83 Prozent der Beschäftigten digitale Technologien während der Arbeit. Bei Personen mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss sind es sogar 98 Prozent.
Die Auswirkungen der Digitalisierung und der Arbeit im Homeoffice auf die Produktivität sind besonders in Deutschland umstritten. Obwohl die Digitalisierung längst im Alltag Einzug gehalten hat und Branchen wie der Onlinehandel, der inzwischen selbst bei kleinen Büroartikeln wie Stempel oder Aktenordner der wichtigste Absatzkanal ist, durch seinen Boom und seine zweistelligen Wachstumsraten eine nicht mehr aufzuhaltende Entwicklung zeigt, dürfen in Deutschland nur 23 Prozent aller Angestellten ohne Führungsverantwortung im Homeoffice arbeiten. Bei den Führungskräften liegt der Anteil der Personen, die im Homeoffice arbeiten können mit 73 Prozent wesentlich höher.
Laut einer Studie der Universität Stanford die in Kooperation mit der chinesischen Reiseagentur Ctrip erstellt wurde hat die Arbeit im Homeoffice auch für das Unternehmen positive Auswirkungen. Die ungewöhnliche Zusammenarbeit entstand, da das chinesische Unternehmen sich aufgrund seines Wachstums und des daraus entstandenen Platzmangelns gezwungen sah, Angestellte im Homeoffice arbeiten zu lassen. James Liang, CEO von Ctrip betonte außerdem, dass so den Angestellten der lange Weg zur Arbeit erspart werden konnte, der ansonsten täglich mehrere Stunden in Anspruch genommen hat.
Um zu untersuchen ob und wie sich die Produktivität der Mitarbeiter verändert, die überwiegend im Homeoffice arbeiten, hat Nicholas Bloom, Professor für Ökonomie an der Universität Stanford gemeinsam Liang, der einer seiner Studenten war, eine Studie gestaltet, die die Auswirkungen wissenschaftlich belegen sollte. Dazu wurden 500 Mitarbeiter des Unternehmens in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Kontrollgruppe arbeitete ausschließlich im Hauptquartier des Unternehmens, während die andere Gruppe ins Homeoffice versetzt wurde. Die Bedingungen für die Arbeit von zuhause waren eine Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten, ein separates Arbeitszimmer und eine ausreichend schnelle Internetanbindung.
Die Ergebnisse der Studie widersprechen dem Vorurteil des abgelenkten und nicht auf die Arbeit fokussierten Angestellten im Homeoffice, das im Kopf vieler Unternehmer und Führungskräfte existiert, deutlich. Im Vergleich zur Kontrollgruppe arbeitete die Homeoffice-Gruppe des Experiments länger und konzentrierter. Des Weiteren gab es durch den Wegfall des Arbeitsweges deutlich weniger Verspätungen, die Pausenzeiten fielen geringer aus und auch Fehlzeiten wegen Krankheiten konnte um 50 Prozent gesenkt werden. Durch den Wegfall, der nun nicht mehr erforderlichen Büroarbeitsplätze konnte das Unternehmen außerdem seine Kosten senken. Die durchschnittliche Produktivität der im Homeoffice arbeitenden Gruppe lag um 13,5 Prozent über der Kontrollgruppe aus dem Hauptbüro.
Obwohl das Experiment aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten positiv verlief entschied sich mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer gegen eine langfristige Arbeit im Homeoffice. Als Hauptgrund dafür wurde die starke Isolation und die fehlenden sozialen Kontakte genannt, die zwar für eine höhere Konzentration und bessere Arbeitsergebnisse gesorgt haben, laut den Teilnehmer der Studie langfristig aber als negativ bewertet wurden.
Als zweiter Grund wurde die fehlende Rückmeldung für geleistete Arbeit durch Kollegen und Vorgesetzte genannt, die laut den befragten Probanden zumindest gefühlt langfristig auch dafür sorgen könnte, dass sie bei Beförderungen nicht berücksichtigt werden, da sie trotz guter Arbeit weniger präsent in den Köpfen der Entscheider sind.
Die Studie kommt daher zu dem Ergebnis, dass eine Mischung aus klassischer Anwesenheit im Büro und Arbeit im Homeoffice für den Großteil der Angestellten die ideale Arbeitsform darstellt. Laut Bloom sind ein bis maximal zwei Tage Arbeit im Homeoffice pro Woche optimal. Die negativen Aspekte treten so nicht in den Vordergrund und die Zufriedenheit der Mitarbeiter durch die gebotene Flexibilität steigt. Bloom erklärt außerdem, dass Unternehmen Homeoffice als Incentive ansetzen können, um so die Mitarbeitermotivation zu steigern, ohne dafür finanzielle Boni oder Gehaltserhöhung ausschütten zu müssen.