Dennis L.
Der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) ist seit dem 01. Juli 2021 rechtskräftig und hat den Markt in Deutschland liberalisiert. Im Fokus der Gesetzgebung standen die Legalisierung des Online-Glücksspiels und die einheitliche Regulierung der Branche. Lizensierte Anbieter haben entsprechend die Möglichkeit, ihre Glücksspielprodukte in der Bundesrepublik anzubieten. Der liberale Ansatz hat jedoch eine Fülle an restriktiven Maßnahmen im Gepäck, die den Spielerschutz fördern und die Spielsucht eindämmen sollen.
Lange war der Glücksspielmarkt in Deutschland ein undurchsichtiges Terrain. Der Gesetzgeber war nicht in der Lage, einheitliche und vor allem zeitgemäße Regeln aufzustellen. Seit 2008 – dem Geburtsjahr des ersten Glücksspielstaatsvertrag – ringt die Politik um die korrekte Herangehensweise. Im Jahr 2021 scheint diese endlich gefunden worden zu sein. Der neue GlüStV hat das aufstrebenden Online-Segment legalisiert und allen Marktbeteiligten klare Spielregeln an die Hand gegeben.
Diese Spielregeln dienen einzig und allein dem Zweck, die Nachfrage nach Glücksspielen in einen regulierten und kontrollierten Markt zu kanalisieren. Dadurch sollen Spieler vor den potenziellen Gefahren des Glücksspiels geschützt werden. Um auffälliges Spielverhalten und die Entwicklung einer Spielsucht früh zu unterbinden, wurde der GlüStV mit vielen verschiedenen Maßnahmen versehen.
Die Stärkung und Förderung des Spieler- und Jugendschutzes wurde von den 16 Ministerpräsidenten früh während der Ausarbeitung der neuen Glücksspielgesetzgebung als eines der primären Ziele ausgerufen. Alle im Rechtsrahmen verankerten Maßnahmen sind entsprechend darauf ausgelegt, die Spielergemeinde vor den Risiken des Glücksspiels zu schützen.
Branchenbeobachter, Industrieakteure sowie Wirtschafts-, Sucht- und Politexperten haben während der Ausarbeitung und während des Ratifizierungsprozesses des GlüStV immer wieder ihre Meinung öffentlich kundgetan. Auch wenn von allen Seiten lange Zeit eine einheitliche Regulierung des hiesigen Glücksspielmarktes gefordert wurde, ein kollektives Abnicken der beschlossenen Maßnahmen gibt es bis heute nicht.
Insbesondere Wirtschafts-, Sucht- und Politexperten stehen dem neuen GlüStV sehr kritisch gegenüber. Auf der einen Seite befürworten sie den Ansatz, den Spielerschutz gezielt zu fördern, auf der anderen Seite machen sie erhebliche Schwächen in der Umsetzung aus. So wird etwa der Politik vorgeworfen, vor der Glücksspielbranche auf die Knie gefallen zu sein und nicht ausreichend für den Schutz der Spieler zu sorgen.
Industrieakteure sehen zwar ebenfalls Verbesserungspotenzial, werten den GlüStV mit all seinen Regularien jedoch übergeordnet als Erfolg. Georg Stecker, Vorstandssprecher des Verbandes Die Deutsche Automatenwirtschaft (DAW), ist ein wichtiges Sprachrohr der Glücksspielbranche in Deutschland und pflichtet dem Staatsvertrag viele gute Ansätze bei. Da die Qualität der Glücksspielbetreiber im Vordergrund steht, würden legale und spielerschützende Angebote gestärkt werden, was wiederum den Schwarzmarkt entscheidend zurückdränge.
In einem Punkt sind sich alle Experten einig. Die Nachfrage nach Glücksspielen werde in ihren Augen niemals versiegen. Das zeige der enorme Wachstum des Branchensegments. Im vergangenen Jahr generierte der weltweite Online-Glücksspielmarkt laut Statista rund 55 Milliarden Euro.
Wie sich der Markt in Deutschland angesichts der restriktiven Maßnahmen entwickelt, bleibt zwar abzuwarten, vielen Spielern dürfte die Beschneidung ihrer spielerischen Freiheit jedoch nicht gefallen. Das zeigt das wachsende Angebot an ausländischen Glücksspielanbietern im Netz. Sie sind je nach Lizenz nicht an die Restriktionen des GlüStV gebunden. So gibt es etwa Online-Casinos, in denen Spieler keine Spielpause nach jedem Spin einlegen müssen.
Die alternativen Glücksspielplattformen im Netz sind eine der Gründe, warum Suchtexperten um den Erfolg des GlüStV fürchten. Es gebe weiterhin genügend Möglichkeiten, sich dem regulierten Markt zu entziehen und so ohne schützende Maßnahmen in einer Suchtspirale zu landen.
Einen großen Anteil an der Kritik der neuen Glücksspielgesetzgebung macht die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) aus. Sie ist als übergeordnete Kontroll- und Regulierungsinstanz des Glücksspielmarktes in Deutschland angedacht. Die Behörde hat ihren Sitz in Halle (Saale) und gehört zum Maßnahmenportfolio des GlüStV. Doch gleichwohl der Staatsvertrag bereits seit Juli 2021 rechtskräftig ist und den Markt mit vielen neuen Spielregeln ausgestattet hat, ist die GGL noch nicht voll einsatzfähig. Heißt: Es fehlt die Kontrolle.
Die Sperrdatei OASIS, die Einhaltung der monatlichen Einsatzlimits sowie die Vergabe der Glücksspiellizenzen an Anbieter fallen allesamt in den Verantwortungsbereich der bundesweiten Regulierungsbehörde. All ihren Aufgaben konnte die Glücksspielaufsicht jedoch noch nicht gerecht werden. Sie befindet sich weiterhin im Aufbau und soll voraussichtlich im Juli 2023 einsatzbereit sein.
Erst seit Februar dieses Jahres verfügt die GGL über eine offizielle Website, auf der sie transparente Informationen zu ihren Zielen, Aufgaben und Vorgehensweisen bereitstellt. Vor Kurzem folgte dann die Vergabe der ersten Online-Lizenzen an zwei Submarken der Gauselmann-Gruppe.