Robert Klatt
In Deutschland wird jedes sechste Paket zur Retoursendung. Bessere Produkt- und Größenangaben sowie eine gesetzliche Rücksendegebühr könnten die Quote deutlich reduzieren.
Bamberg (Deutschland). Eine Studie der Universität Bamberg kam bereits vor einigen Monaten zu dem Ergebnis, dass in Deutschland etwa jedes sechste Paket zur Retoure wird. Im Jahr sind dies 280 Millionen Retouren, neben hohen Kosten bei den Händlern auch 238.000 Tonnen CO2-Äquivalente erzeugen. Nun hat die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Universität Bamberg aufgrund des großen öffentlichen Interesses eine Folgestudie veröffentlicht, die sich damit beschäftigt hat, wie man die große Anzahl der Retouren verringern könnten.
Die Wissenschaftler um Studienleiter Dr. Björn Asdecker haben dazu im August und September 2019 139 deutsche Onlinehändler dazu befragt, wie sie versuchen Rücksendungen zu vermeiden. Laut Asdecker „zeigen die Ergebnisse, dass viele Versandhändler große Anstrengungen unternehmen, um die artikelbezogenen Retourenquoten abzusenken.“ Dies geschieht natürlich nicht nur aus Umwelt- und Klimaschutzaspekten, sondern ist für die Unternehmen auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, weil eine Retoure im Durchschnitt Prozesskosten in Höhe von fast 20 Euro verursacht.
Wie Asdecker erklärt, sehen die Studienteilnehmer „in einer funktionierenden Online-Größenberatung und einheitlicheren Größenangaben der Hersteller“ ein großes Potenzial die Rücksendequoten deutlich zu reduzieren. Besonders Unternehmen die online Kleidung verkaufen könnten laut den Studienergebnissen über Datenanalysen, Künstliche Intelligenz und Technologien wie Handykameras, die zur Körpervermessung genutzt werden können, für deutlich weniger Retouren aufgrund nicht passend gelieferter Bekleidung sorgen. Derzeit werden diese Möglichkeiten in Deutschland aber kaum genutzt.
Asdecker bemängelt außerdem, dass die aktuellen Kleidergrößen „wenig aussagekräftig sind.“ Die starken Schwankungen zwischen den einzelnen Herstellern sind im Fashion-Bereich aber für einen großen Teil der Retouren verantwortlich. Genormte Größenangaben könnten dieses Problem laut den Bamberger Wissenschaftlern vermeiden. Wie Asdecker erklärt, „erfordert das eine übergeordnete, gegebenenfalls politisch geführte Koordinationsanstrengung, beispielsweise im Rahmen eines Siegels wie dem grünen Knopf.“ Eine Umsetzung der Maßnahmen würden allein im Bekleidungsbereich laut einer Prognose der Wissenschaftler die Retourenquote um 25 Prozent reduzieren. Dies entspricht jährlich etwa 120 Millionen Artikeln.
Zusätzlich halten die Studienautoren die Einführung von gesetzlich vorgeschriebenen Rücksendekosten für sinnvoll. Laut Asdecker „legen die Studienergebnisse nahe, dass auch eine niedrige gesetzlich verankerte Rücksendegebühr ein Instrument sein könnte, um die Rücksendungen und deren Negativwirkungen in den Griff zu bekommen.“ Eine Analyse zeigte, dass bereits eine Gebühr in Höhe von pauschal 2,95 Euro pro Sendung etwa 16 Prozent der Retouren verhindern würde. Dies entspricht jährlich 80 Millionen Artikeln. Wie Asdecker erklärt, „würde die Mehrheit der kleinen und mittelgroßen Händler gerne eine Rücksendegebühr erheben.“
Aufgrund des starken Konkurrenzdrucks durch Giganten wie Amazon, die versuchen sich durch kostenfreie Retouren einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen, ist es für kleine Händler nicht möglich Gebühren für Rücksendungen zu verlangen. Die Schaffung einer gesetzlichen Regelung würde dieses Ungleichgewicht beseitigen. Asdecker konstatiert, dass „die Daten dieser Untersuchung starke Hinweise liefern, dass bereits geringe Rücksendegebühren dazu beitragen können, die Anzahl der Retouren merklich zu reduzieren.“ Überdies könnten die Händler aufgrund der geringeren Retourenquote auch die Produktpreise senken, in die aktuell die hohen Kosten, der vielen Retouren mit eingepreist werden müssen. Dies führt derzeit dazu, dass Personen mit wenig Retouren das Verhalten von Personen mit sehr vielen Retouren querfinanzieren müssen. Verpflichtende Rücksendegebühren würden hingegen die Kosten gemäß dem Verursacherprinzip umlegen.
In einer kommenden Studie möchte die Forschungsgruppe Retourenmanagement nun untersuchen, wie Rücksendegebühren eingeführt werden könnten, um vom Kunden akzeptiert zu werden.