Haftungsrisiken

Sicherheitsbedürfnis bei IT-Dienstleistern und Unternehmen hoch

Robert Klatt

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Berlin (Deutschland). Eine im August 2020 durchgeführte Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft e. V. (BVDW)unter 1.058 Deutschen zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Bevölkerung eine stärkere Digitalisierung der Wirtschaft und Gesellschaft befürworten. Lediglich 31,1 Prozent der Befragten vertreten die Ansicht, dass Deutschland nach der Covid-19-Pandemie zum Status quo zurückkehren kann und Investitionen in einen „Neustart“ nicht nötig sind. Ein Großteil der 351 parallel befragten Mitgliedsunternehmen des BVDW sieht hingegen die Digitalisierung als „zentralen Treiber“ für die Erhaltung von durch Covid-19 bedrohten Arbeitsplätzen.

Besonders im Anbetracht des bereits vorhandenen Fachkräftemangels und des unzureichenden Informatikunterrichts bleibt offen, wie ein Umbau nach Covid-19 in Deutschland realisiert werden kann. Hinzu kommen laut Umfragen unter IT-Dienstleistern, dass besonders komplexe Projekte aufgrund hoher Haftungsrisiken von vielen Unternehmen und Freiberuflern aufgrund der ohnehin guten Auftragslage nicht akzeptiert werden. Eine Absicherung der Haftungsrisiken und ein stabiles Sicherheitsnetz sind deshalb Voraussetzungen für eine erfolgreiche Digitalisierung.

Hohes Sicherheitsbedürfnis im IT-Bereich

Das hohe Sicherheitsbedürfnis im IT-Bereich zeigt auch eine Umfrage der Bitkom Research GmbH im Auftrag des Spezialversicherers Hiscox unter 305 Personen mit Verantwortung für den IT-Bereich, darunter Abteilungsleiter, Fachbereichsleiter, IT-Vorstände, Geschäftsführer und CIOs. Laut dem Hiscox IT-Versicherungsindex 2019 lag der Prozentsatz der tatsächlich versicherten IT-Dienstleister im Vorjahr bei 75,7 Punkten. Er ist im Vergleich zum Jahr 2018 damit um 3,2 Punkte gestiegen.

Die höchste Bekanntheit haben IT-Berufshaftpflichtversicherungen (98 Prozent, +4 Prozent vgl. 2018), gefolgt von IT-Betriebshaftpflichtversicherungen (95 Prozent, +5 Prozent vgl. 2018), Versicherungen für Elektronik und Büroinhalt (81 Prozent, +2 Prozent vgl. 2018) und Cyber-Versicherungen (70 Prozent, +1 Prozent vgl. 2018).

Versicherungslücken im IT-Bereich

Trotz der hohen Bekanntheit spezieller IT-Versicherungen gibt es in Deutschland noch viele unversicherte IT-Dienstleister. Lediglich 82 Prozent der Umfrageteilnehmer besitzen eine IT-Berufshaftpflicht, IT-Betriebshaftpflichtversicherungen (75 Prozent). Versicherungen für Elektronik und Büroinhalte (56 Prozent) sowie Cyber-Versicherungen (20 Prozent) sind noch weniger verbreitet. Das hohe Sicherheitsbedürfnis der IT-Entscheider und die Haftungsrisiken in Millionenhöhe werden also nur unzureichend abgesichert.

Neben einer mangelhaften Absicherung bei Schäden können Unternehmen mangels bestehender IT-Haftpflichtversicherung auch Aufträge entgehen. Laut der Umfrage der Bitkom Research GmbH verlangen 83 Prozent aller Auftraggeber eine IT-Betriebshaftpflicht-, 75 Prozent eine IT-Berufshaftpflichtversicherung.

Vergleich von Berufshaftpflichtversicherungen und sonstigen IT-Versicherungen nötig

Ein Vergleich von IT-Berufshaftpflichtversicherungen schafft Transparenz und zeigt die Unterschiede im Leistungsumfang der IT-Haftpflicht-Tarife. Versicherungslücken beruhen häufig auf fehlendem Wissen der Kunden und mangelnder Beratung hinsichtlich des speziellen Anforderungsprofils für die IT-Branche. Laut Hiscox IT-Versicherungsindex 2019 möchten sich zwar 90 Prozent der Befragten durch eine Versicherung vor Schadenersatzansprüchen schützen oder sich vor Konsequenzen unkalkulierbarer Haftungsrisiken (51 Prozent) sowie Betriebsausfällen durch Cyber-Angriffe (84 Prozent) absichern, die tatsächlich abgeschlossenen Versicherungen decken diese Risiken aber oft nur unzureichend ab.

Eine IT-Berufs- oder Betriebshaftpflicht umfasst meist nur durch eigene Fehler verursachte Schadenersatzansprüche, aber beispielsweise keine Betriebsausfälle durch Cyber-Angriffe. Laut Versicherungsexperten ist es deshalb vor dem Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung oder sonstiger IT-Versicherung von essenzieller Wichtigkeit, sich mit dem erforderlichen Leistungsspektrum der Versicherung auseinanderzusetzen. Um sich gegen alle finanziellen Risiken zu schützen, benötigen die meisten Personen im IT-Bereich deshalb eine Kombination aus IT-Berufshaftpflicht- und IT-Betriebshaftpflichtversicherung, die oft sinnvoll durch eine Cyber-Eigenschadenversicherung ergänzt werden sollte.

Haftungsbegrenzungen, die viele Unternehmen in ihren Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) definieren, sind generell kein Ersatz für eine IT-Haftpflichtversicherung. Laut Erich Hartmann, Rechtsanwalt der Hiscox AG „legt die Rechtsprechung viele AGB-Klauseln sehr eng aus, insbesondere wenn sie Haftungsbegrenzungen für die sogenannten Kardinalpflichten (wie zugesagte Funktion einer Software) beinhalten. Mit der Folge, dass die AGB sich nach der Entscheidung durch die Gerichte als unwirksam herausstellen und die gesetzliche Regelung der vollen Haftung gilt.“

Außerdem wirken solche Haftungsbegrenzungen in den AGB oder Projektverträgen nur gegenüber Vertragspartnern, nicht aber gegenüber Nichtkunden, die an diese vertraglichen Regelungen nicht gebunden sind.
 

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