Robert Klatt
Wandern ist in Deutschland immer beliebter. Eine Studie zeigt nun, wie, wo und warum die Menschen die Sportart ausüben.
Otterfing (Deutschland). In den letzten Jahren hat Wandern in Deutschland einen deutlichen Imagewandel durchlaufen. Besonders Covid-19 und die deshalb geschlossenen Sportanlagen haben dazu geführt, dass das Wandern als unkomplizierte Alternativsportart großen Zulauf erhalten hat. Doch wie, wo und warum wandern Menschen in Deutschland am liebsten? Antworten auf diese Fragen liefert die aktuelle Wanderstudie der Bergzeit GmbH, an der 2.984 Menschen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teilnahmen.
Ein Großteil der Befragten (89 %) übernehmen Tageswanderungen. Beliebt sind dabei besonders Bergwanderungen (77 %) und Hüttenwanderungen (41 %). Ein Drittel der Studienteilnehmer erklärte zudem, dass sie Mehrtagestouren in der Natur übernehmen. Obwohl die Berge das beliebteste Ziel zum Wandern sind, übernehmen die Befragten auch Wanderungen im Flachland (29 %), Fernwanderungen (15,6 %) und Wanderungen mit Biwakieren (11,3 %), also Übernachtungen in der freien Natur ohne Zelt.
Das beliebteste Wanderziel sind die Alpen (66 %), wo beim Sonnenuntergang und Sonnenaufgang oft das Naturphänomen Alpenglühen beobachtet werden kann. Viele der dort verlaufenden Wanderwege sind laut Experten wegen der teilweise hohen Steigungen und des anspruchsvollen, steinigen Geländes aber nur bedingt für Anfänger geeignet. Anspruchsvolle Routen in den Alpen sollten deshalb zu Beginn nur gemeinsam mit erfahrenen Wanderern absolviert werden. Essenziell sind zudem gute Wanderschuhe, die auch im schweren Gelände den nötigen Halt geben.
Neben den Alpen sind in der DACH-Region auch die Mittelgebirgen wie der Harz und das Erzgebirge oder den Vogesen (50,4 %) und das Alpenvorland (48 %) beliebt bei Wanderern. Ein Teil der Umfrageteilnehmer erklärte überdies, dass die hauptsächlich im flachen Gelände und in Küstenregionen wandern (20 %). Das besonders anspruchsvolle Hochgebirge wird nur von wenigen Wanderern (12 %) bevorzugt aufgesucht.
Die meisten Wanderer sind bei ihren Touren zehn bis 15 Kilometer (40,63 %) bzw. vier bis sechs Stunden (47,95 %) unterwegs. Knapp ein Drittel von ihnen (32,48 %) überwindet dabei im Mittel 900 bis 1.200 Höhenmeter. Die häufigste Begleitung beim Wandern ist der Partner (38,23 %). Etwa die Hälfte (48 %) der Befragten ist der Ansicht, dass Wandern in Gesellschaft mehr Spaß macht.
Als Motivation und Grund für ihre Wanderungen nannten die meisten Umfrageteilnehmer, dass sie sich mit der Natur verbunden fühlen möchten (85 %). Außerdem ist Wandern beliebt, um Stress abzubauen (78 %). Dies passt auch zu Ergebnissen einer Studie der Universität Michigan, laut der bereits 20 Minuten in der Natur das Stresslevel reduzieren. Mehr als die Hälfte der Personen (53 %) sieht im Wandern eine sportliche Herausforderung. Der gesundheitliche Aspekt des Wanderns nimmt mit zunehmenden Alter zu. In der Altersgruppe der 26- bis 35-Jährigen ist nur einem Viertel (25 %) dieser Aspekt wichtig. Bei Menschen ab 50 wandert über die Hälfte (54,7 %) auch zur Erhaltung der Gesundheit.
Laut der Studie ist mehr als die Hälfte der Wanderer (56 %) der Meinung, dass ihre Ausflüge während der Lockdowns der Covid-19-Pandemie sich positiv auf ihre Psyche ausgewirkt haben. Besonders die jüngeren Generation der unter 18-Jährigen (81 %), der 18- bis 25-Jährigen und der 26- bis 35-Jährigen (61 %) gab an, dass Wandern für sie ein Ausgleich während der Lockdowns war. Bei der älteren Generation der 56- bis 65-Jährigen (40 %) und bei Wanderern über 65 Jahren (30 %) war der Anteil deutlich geringer.
Die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind bei Wanderern präsent. Besonders der Gedanke „leave no trace“ (Hinterlasse keine Spuren“) ist weit verbreitet. Nahezu alle Umfrageteilnehmer (98 %) gaben an, dass sie beim Wandern ihren eigenen Müll wieder mitzunehmen und recyclen. Die zum Schutz von Flora und Fauna vorgegebenen Wege halten ebenfalls die meisten Personen (80 %) ein. Hinzukommt, dass ein Drittel (33 %) der Wanderer bei ihren Ausflügen den Müll anderer Personen einsammeln.
Mit Ausnahme der 18- bis 25-Jährigen sind die Menschen in Deutschland geschlechter- und altersübergreifend Genuss- statt ambitionierte Sportwanderer. Ihr wichtigstes Ziel ist deshalb mehrheitlich der Weg (60,7 %), gefolgt vom Ziel des Gipfel zu erreichen (37,1 %), eine möglichst lange Strecke zu bewältigen (30 %) und möglichst viel Höhenmeter zu überwinden (23,2 %). Bei den 18- bis 25-Jährigen liegt die Priorität beim Wandern hingegen beim Erreichen des Gipfels oder einer bestimmten Anzahl an Höhenmetern.
Wie das Magazin campingkultur.net berichtet, ist das Interesse an Wanderurlauben in Deutschland ebenfalls groß. Die Urlauber leben dabei bevorzugt auf Campingplätzen inmitten landschaftlich interessanter Wandergebiete. Auch die Studie der Bergzeit GmbH belegt, dass ein hohes Interesse an speziellen Wanderurlauben besteht. Knapp drei Viertel der Wanderurlauber (74 %) organisieren ihre Urlaube am liebsten selbst. Am größten ist das Interesse an individuellen Wanderurlauben bei Männern aller Altersgruppe (75,6 %), am geringsten ist es bei Wanderern ab 65 Jahren (60 %).
Interesse an organisierten Wanderreisen haben vor allem Männer über 65 Jahren (40 %) sowie Frauen zwischen 56 und 65 Jahren (39,4 %). Frauen zwischen 56 und 65 Jahren haben zudem den höchsten Anteil (28 %) an Personen, die tatsächlich schon mal an einer organisierten Wanderreise teilgenommen haben.
