Dennis L.
Immer mehr junge Menschen in Deutschland investieren ihr Geld, anstatt es zu sparen. Einer der offensichtlichsten Gründe dafür ist die aktuelle Inflation und die Geldpolitik der EZB. Neben Aktien, ETFs und Kryptowährungen steht auch Trading bei der jüngeren Generation ganz oben mit auf der Liste der beliebtesten Geldanlagen.
Berlin (Deutschland). Immer häufiger beschäftigen sich junge Menschen mit den Finanzmärkten und anstatt zu sparen, investieren sie in Aktien, ETFs, Kryptowährungen oder beginnen mit dem Trading. Als Informationsquelle dienen vor allem Influencer auf Instagram oder große YouTube-Kanäle. Experten sehen die Gründe für diese veränderte Verhalten vor allem darin, dass die Börse zunehmend interessanter und Trading zu einem regelrechten Lifestyle geworden ist. Zudem hat die Geldpolitik der letzten Jahre keinerlei Anreize zum Sparen gegeben, wodurch sich die Jugend nach Alternativen umgesehen hat.
Die Investoren auf den großen Finanzmärkten werden immer jünger und sie handeln anders, als es die Börse bisher gewohnt war. Ein Beispiel hierfür ist der organisierte Kauf der sogenannten Meme-Aktie des Videospielanbieters GameStop. Das geänderte Verhalten zeigt sich auch darin, dass die Jugend mehr Verantwortung übernimmt und das eigene Geld selbst verwaltet. So werden kaum noch Aktien-Depots bei der Hausbank eröffnet, sondern zunehmend Broker- oder Trading-Apps heruntergeladen, die neben Zugriff auf den Aktienmarkt auch den Handel mit Kryptowährungen, Währungen und anderen Assets ermöglichen.
So verzeichnete das Deutsche Aktieninstitut (DAI) beispielsweise im ersten Corona-Jahr rund 600.000 neue Sparer unter 30 Jahren, welche ihr Geld in Aktien angelegt haben. Gemessen an der Bevölkerungszahl Deutschlands ist dies im Vergleich zu anderen Ländern immer noch wenig, aber in der Altersgruppe bedeutet dies ein Zuwachs von 67 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Dank der Corona-Pandemie hat die Börse und das Trading einen regelrechten Schub bekommen. Die Auswertung der Zahlen zeigt zudem, dass in keiner anderen Altersgruppe die Zahlen der neuen Investoren so stark gestiegen ist. Möglich macht dies ein besseres technisches Verständnis der Altersgruppe und die Möglichkeit, Broker- oder Trader-Apps wie MetaTrader 4 kostenlos und einfach auf dem Smartphone installieren zu können. Umständliche Fahrten zur Hausbank, komplizierte Kauf- und Verkaufsaufträge sowie hohe Order-Gebühren stoßen bei der jungen Generation immer weniger auf Anklang.
Wahrscheinlich ist der ehemalige Investmentbanker Thomas Kehl mit seinem erfolgreichen YouTube-Kanal Finanzfluss ein wenig mitverantwortlich für die hohe Zahl der Neuinvestoren in Deutschland. Seit mehreren Jahren erklärt er seinen über einer Millionen Abonnenten alles rund um das Thema Finanzen und Vermögensaufbau. In einem seiner Videos sagt Kehl:
„Es war noch nie so einfach, an Finanzwissen zu kommen, wie heutzutage.“
Egal ob auf YouTube, Instagram, twitch oder TikTok, auf nahezu allen sozialen Informationskanälen finden sich Experten und Influencer, die einem die Grundlagen der Börse und des Tradings erklären und regelmäßig über Kryptowährungen und NFTs berichten. Zudem geben sie (oft auch bezahlte) Tipps zur Depoteröffnung und zu Sparplänen und analysieren oft auch Einzelaktien.
Die Chefin Christine Bortenlänger vom Deutschen Aktieninstitut freut sich über die zahlreichen und gut zugänglichen Informationsangebote.
„Die Aktienkultur in Deutschland kann davon nur profitieren. Angesichts mangelnder ökonomischer Bildung in den Schulen gebe es einen echten Bedarf.“
Ganz ähnlich sich es der Sprecher Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapiere (DSW):
„Generell sei die Informationslücke zwischen Privatanlegern und institutionellen Akteuren durch solche Formate kleiner geworden. Man muss jedoch sicher zwischen seriösen Informationen zum Vermögensaufbau und einigen Marktschreiern, die einzelne Aktien vor allem pushen, weil sie sie selber im Depot haben und gerne zu einem guten Kurs loswerden würden, unterscheiden.“
Aber nicht nur der Zugang zu Informationen zu sämtlichen Finanzthemen wird einfacher, auch der Zugang zu Aktien, ETFs, Fonds, Kryptos und ähnlichen Investmentmöglichkeiten ist dank moderner Technik viel einfacher geworden. Mit der passenden Broker- oder Trading-App lässt sich mit nur wenigen Klicks und einer Videoidentifikation bereits nach wenigen Minuten mit dem Handel beginnen. Da der Zugang zu den Finanzmärkten dieser Welt jedoch so spielerisch einfach ist, warnen einige Verbraucherschützer davor, dass der leichte Zugang unter Umständen zum Zocken verleiten könnte.
Wie sich die junge Generation am Aktienmarkt verhalten wird, ist noch nicht klar abzusehen. Einerseits könnten viele unerfahrene Sparer versuchen mit solchen Hypes wie den Run auf die GameStop-Aktie oder den gepushten Dogecoin ihr Geld schnell zu vermehren und verlieren dabei das hohe Risiko aus den Augen, auf der anderen Seite könnten sie durch die gute Aufklärung im Internet ihr Geld langfristig anlegen.
„Ich habe schon das Gefühl, dass die verantwortungsvoll investierende Community die Größere ist“,
vermutet YouTuber Kehl. Erfahrungsgemäß beginnen viele neue Sparer mit den weniger risikoreichen ETFs (Indexfonds), zeigen bereits etwas später aber auch erstes Interesse an Einzelaktien oder Kryptowährungen wie dem Bitcoin. Statistiken zeigen, dass beispielsweise in der Altersgruppe 31 bis 40 Jahre nur noch jeder Vierte in Einzelaktien investiert ist. In der jüngeren Altersgruppe ist es etwa die Hälfte.
Die DAI-Chefin Bortenlänger empfiehlt jungen Aktionären und Tradern vier Dinge:
Gerade der letzte Punkt wird von Profis immer wieder besonders hervorgerufen, denn die junge Generation hat bisher noch keinen richtigen Crash an der Börse und den Kryptomarkt gesehen und viele Neuanleger könnten bei hohen roten Zahlen schnell kalte Füße bekommen - obwohl dies laut Experten oft genau der Zeitpunkt ist, an dem man nachkaufen sollte.