Robert Klatt
Die ökonomische Situation beeinflusst die Lebenserwartung des Menschen stark. In Deutschland sterben Menschen aus ärmeren Wohngegenden deutlich früher.
Berlin (Deutschland). Die Lebenserwartung des Menschen wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Laut Studien leben Hochschulabsolventen länger als Personen mit einer geringeren formalen Bildung. In wohlhabenden Ländern, darunter auch Deutschland, ist die Lebenserwartung von Politikern zudem deutlich höher als die der Allgemeinbevölkerung. Wissenschaftler des Robert Koch-Instituts (RKI) haben nun eine Studie publiziert, laut der sich auch die Wohngegend auf die Lebenserwartung auswirkt.
Laut der Publikation im Fachmagazin The Lancet Public Health hat das Team, an dem auch Forscher des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) beteiligt waren, Daten von allen Menschen aus Deutschland, die im Zeitraum zwischen Anfang 2003 und Ende 2021 gestorben sind, untersucht. Außerdem wurden in die Studie sozioökonomische Daten miteinbezogen, die unter anderem Informationen über die Einkommen, Bildungsabschlüsse und Beschäftigungsverhältnisse in unterschiedlichen Regionen beinhalten.
Die analysierten Daten zeigen, dass die Lebenserwartung zwischen 2003 und 2019 im Mittel leicht gestiegen ist. In eher ärmeren Wohngegenden ist die Lebenserwartung aber gleichgeblieben oder stieg langsamer als der bundesweite Durchschnitt. Außerdem hat die Differenz in der Lebenserwartung zwischen wohlhabenden und armen Gegenden im untersuchten Zeitraum zugenommen. 2003 lag die Differenz in der Lebenserwartung bei Frauen aus den am wenigsten und am meisten benachteiligten bei 1,1 Jahren. 2019 war die Differenz bei 1,8 Jahren. Bei Männern ist die Differenz von 3 Jahren im Jahr 2003 auf 3,1 Jahre im Jahr 2019 ebenfalls gestiegen.
Die Covid-19-Pandemie hat dazu geführt, dass die Differenzen in der Lebenserwartung nach 2019 weiter zugenommen haben. Frauen aus den am meisten benachteiligten Gegenden starben 2021 2,2 Jahre früher als Frauen aus den am wenigsten benachteiligten Gegenden. Bei Männern lag die Differenz bei 3,5 Jahren.
Laut den Autoren nimmt die Ungleichheit in der Lebenserwartung vor allem durch die Entwicklungen der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu. Dank der modernen Medizin sterben in Deutschland immer weniger Menschen an diesen Todesursachen. Die Sterblichkeit sinkt aber vor allem bei Menschen aus reicheren Gegenden.
The Lancet Public Health, doi: 10.1016/S2468-2667(24)00049-5