Robert Klatt
Das sogenannte „periodische Kochen“ produziert trotz der unterschiedlichen Gerinnungstemperaturen von Eiweiß und Eigelb ein Ei mit einer gleichmäßigen weichen, weder zu flüssigen noch zu festen Konsistenz. Laut den Materialphysikern hat das Ei nicht nur einen besseren Geschmack, sondern auch bessere Nährwerte als konventionell gekochte Eier.
Neapel (Italien). Ein perfektes Frühstücksei muss bei vielen Menschen ein festes Eiweiß und ein noch dickflüssiges Eigelb haben. Bisher erreichen die meisten Köche das gewünschte Ergebnis, indem sie das Eis rechtzeitig aus dem heißen Wasser nehmen, bevor das Eigelb im Inneren zu viel Wärme erhält. Alternativ kann das Ei auch auf Sous-Vide-Art bei einer konstanten Temperatur von 60 bis 70 Grad Celsius erhitzt werden. Nach rund 30 Minuten erhält man so ein halb gares Ei, dessen Eiweiß und Eigelb noch cremig sind. Weil diese geringe Temperatur die meisten Proteine nicht denaturiert, ist das Verfahren jedoch aus hygienischen Gründen umstritten.
Forscher der Universität Neapel haben nun eine neue Methode gefunden, mit der ein Hühnerei gleichmäßig weich gekocht werden kann und gleichzeitig keine Proteine intakt bleiben. Es entsteht so ein Ei, dessen Eiweiß und Eigelb nicht komplett oder auch nicht komplett flüssig sind.
„Im Prinzip wollen wir Eiweiß und Eigelb zwei verschiedenen Kochtemperaturen aussetzen, ohne dass wir das Ei aufbrechen müssen.“
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Communications Engineering haben die Physiker zunächst simuliert, welcher Prozess das gewünschte Ergebnis erzielen kann. Die Software hat eine Methode entdeckt, bei der das Ei abwechselnd in einen Topf mit 100 Grad Celsius heißem Wasser und eine Schüssel mit 30 Grad Celsius warmem Wasser getaucht wird. Dieser Prozess wird für 32 Minuten alle zwei Minuten durchgeführt, um die Energie im Inneren des Eis abwechselnd nach innen und nach außen zu leiten.
Anschließend haben die Forscher erprobt, ob das „periodische Kochen“ auch in Realität ein einheitlich gegartes Eiweiß und Eigelb produziert. Die Kochversuche stimmen mit der Simulation überein und lieferten ein Ei, dessen Festigkeit ähnlich war wie bei einem halbfesten, gekochten Ei. Das Eigelb des periodisch gekochten Eis war leicht weicher und das Eiweiß leicht härter als beim Sous-vide-Ei.
„In der Textur ähnelt das Eiweiß des periodisch gekochten Eis dem klassisch weich gekochten Ei, während sein Eigelb dem des Sous-vide-Eis stark ähnelt.“
Analysen zeigen, dass die Temperatur des Eiweißes beim periodischen Kochen zwischen 30 und 100 Grad Celsius schwankt. Das Eigelb hat hingegen durch das häufige Wechseln eine konstante Temperatur von 67 Grad Celsius. Diese Temperaturunterschiede sorgen dafür, dass trotz der unterschiedlichen Gerinnungstemperaturen der Proteine alle Proteine des Eies gleichmäßig gegart werden.
Laut den sensorischen Analysen hat das periodisch gekochte Ei ein cremigeres Mundgefühl und einen intensiveren Geschmack als normal gekochte, harte und weiche Eier. Das Eiweiß ist weniger „nass“ als bei Sous-vide-Eiern. Chemische Untersuchungen zeigen zudem, dass das Eigelb des periodisch gekochten Eies mehr Nährstoffe enthält als bei den alternativen Zubereitungsmethoden.
„Die Analyse der Farbe, Beschaffenheit und Konsistenz sämtlicher Eierprodukte war nur der endgültige Beweis für ein erfolgreiches Kochexperiment, das zu neuen, ausgefallenen Rezepten inspirieren könnte und beweist, wie das Wissen über die Wissenschaft hinter einfachen Problemen selbst die kleinsten Aspekte unseres täglichen Lebens verbessern kann, wie den simplen Akt des Essens eines Eies.“
Weitere Studien sollen zeigen, ob das periodische Kochen sich auch für andere Lebensmittel eignet und ob die Methode die Eigenschaften von synthetischen Materialien verändern kann.
Communications Engineering, doi: 10.1038/s44172-024-00334-w