Quantenphysik

Erstmals Interaktion von Superfluid mit festem Objekt untersucht

Robert Klatt

Oberflächenschicht in einem Superfluid (Symbolbild) )kcotS ebodAaBizzaB(Foto: © 

Physiker haben ein Experiment durchgeführt, das zeigt, wie ein Superfluid mit einem festem Objekt interagiert. Die neuen Erkenntnisse zur exotischen Quantenflüssigkeit ohne Reibung lösen ein hundertjähriges Rätsel der Quantenphysik.

Lancaster (England). Manche Flüssigkeiten haben unter Extrembedingungen keinerlei innere Reibung. Die sogenannten Superfluide erhalten dadurch besondere physikalische Eigenschaften, die es ihnen etwa ermöglichen, minimale Lücken zu durchdringen und extrem schnelle Wirbel zu bilden. Forscher der Universität Lancaster um Samuli Autti haben nun erstmals experimentell untersucht, wie ein eingetauchten Objekt mit einem Superfluid interagiert.

„Während der hundertjährigen Geschichte der Quantenphysik konnte diese Frage bisher niemand beantworten.“

In der Physik wurden Superfluide, die etwa im Inneren von Neutronensternen und bei ultrakaltem Helium-3 entstehen, bisher kaum untersucht, weil sie lediglich Sekundenbruchteile existieren oder sich außerhalb der Reichweite des Menschen befinden.

„Aber wir zeigen nun, dass diese Frage zumindest für superfluides Helium-3 beantwortet werden kann.“

Helium-3 im superfluiden Zustand

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Communications haben die Physiker in einen mit Helium-4 beschichteten Behälter ein leichteres Heliumisotop gefüllt. Anschließend wurde das zylindrische Behältnis auf ein Zehntausendstel Grad über dem Nullpunkt abgekühlt. Aus dem Helium-3 entstand dadurch ein Superfluid.

Um dessen Eigenschaften zu analysieren, haben die Wissenschaftler einen Messfühler durch das superfluide Helium bewegt. Ein Bolometer dokumentierte dabei die Wärmeenergie, die die Bewegung des Messfühler auf das Superfluid übertragen hat. Die Temperatur wurde unmittelbar an der Kontaktfläche des Messinstruments mit dem Superfluid bestimmt.

Superfluid hat Eigenschaften einer zweidimensionale Schicht

Normale Flüssigkeiten übertragen die durch die Messfühlerbewegung freigesetzte Wärmeenergie gleichmäßig. Laut dem Experiment ist dies beim Superfluid deutlich anders. Im Helium-3 im superfluiden Zustand wurde die Energie durch das Bolometer nur in der dünnen Oberflächenschicht detektiert. Der übrige Teil des Superfluids interagiert weder mechanisch noch thermisch mit dem Messfühler.

„Wenn man einen Finger in diese Flüssigkeit stecken würde, hätte man das Gefühl, eine zweidimensionale Membran zu durchstoßen. Der ganze Rest des Superfluids würde sich völlig leer anfühlen, wie ein Vakuum.“

Die Physiker haben somit erstmals experimentell belegt, dass superfluides Helium-3 die Eigenschaften einer zweidimensionale Flüssigkeit hat. Lediglich in der dünnen Oberflächenschicht entstehen Quasipartikel, die die Energieübertragung ermöglichen.

„Der Hauptteil des Superfluids ist dadurch von dieser unabhängigen, zweidimensionalen Schicht isoliert und nur diese interagiert mit mechanischen Fühlern.“

Laut den Autoren bildet die Studie damit die Basis zur weiteren Erforschung von exotischen Materiezuständen und zu deren Herstellung.

„Dies verändert unsere Vorstellungen zum superfluiden Helium-3 und damit einem wichtigen makroskopischen Quantensystem.“

Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-42520-y

Spannend & Interessant
VGWortpixel