Robert Klatt
Suprasolidität beschreibt einen zugleich festen und flüssigen Materiezustand. Physikern ist es nun erstmals gelungen einen zweidimensionalen Superfestkörper zu erzeugen.
Innsbruck (Österreich). In der Physik wird die Suprasolidität als quantenmechanischer Zustand der Materie beschrieben, der gleichzeitig sowohl fest als auch flüssig ist. Theoretisch beschrieben wurde die Suprasolidität von David J. Thouless als auch von Alexander Andrejew und Ilja Michailowitsch Lifschitz bereits im Jahr 1969.
Der vermeintlich erste experimentelle Nachweis des suprasoliden Zustands gelang der Wissenschaft am Beispiel von ultrakaltem festem Helium-4 im Jahr 2004. Wie eine Wiederholung des Experiments später zeigte, entstand der beobachtete Effekt in diesem Fall aber durch eine Änderung der Elastizität des festen Heliums. Zweifelsfrei nachgewiesen wurde die Suprasolidität bei Experimenten mit Bose-Einstein-Kondensaten im Jahr 2017.
Nun haben Wissenschaftler der Universität Innsbruck erstmals einen Superfestkörper aus einer zweidimensionalen Anordnung von Tröpfchen erzeugt. Bisher war dies nur in einer Dimension möglich. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature gelang dies dem Team um die Quantenphysikerin Francesca Ferlaino bei Experimenten mit extrem kalten Gaswolken aus dem Element Dysprosium.
„Im suprasoliden Zustand ist jedoch jedes Teilchen über alle Tröpfchen hinweg delokalisiert, existiert also gleichzeitig in jedem Tröpfchen. Im Grunde hat man also ein System mit einer Reihe von Regionen hoher Dichte (die Tröpfchen), die sich alle die gleichen delokalisierten Atome teilen“, erklärt Matthew Norcia. Die Teilchen haben demnach keine feste Position und befinden sich in dem Superfestkörper allerorts. Dies verhindert aber nicht, dass die Materie durch magnetische Wechselwirkungen in regelmäßige Muster gebracht werden kann.
„In einem zweidimensionalen suprasoliden System kann man zum Beispiel untersuchen, wie sich in der Öffnung zwischen mehrerer beieinanderliegenden Tröpfchen Wirbel bilden. Diese in der Theorie beschriebenen Wirbel sind bisher noch nicht nachgewiesen worden, stellen aber eine wichtige Folge von Suprafluidität dar“, erklärt Ferlaino. Die Wissenschaftler möchten deshalb in Zukunft diese Theorie weiteruntersuchen.
Nature, doi: 10.1038/s41586-021-03725-7