Robert Klatt
Das Mineral Hackmanit verändert bei radioaktiver Strahlung seine Farbe. Es eignet sich somit als Basis für umweltfreundliche Dosimeter, die etwa in der Medizin benötigt werden.
Turku (Finnland). Hackmanit ist ein bei Tageslicht meist weißliches, unauffälliges Silikat-Mineral. Kommt Hackmanit mit Röntgenstrahlen oder UV-Strahlung in Kontakt, beginnt es im Dunklen zu leuchten. Parallel zur starken Lumineszenz des Minerals ändert sich auch dessen Farbe. Die reversible rot-violette Verfärbung ist unter Röntgenbestrahlung umso intensiver, je stärker die Strahlenbelastung ist.
Forscher der Universität Turku um Sami Vuori haben nun untersucht, ob und wie Hackmanit auf radioaktiven Strahlung reagiert. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Materials Horizons platzierten sie das Mineral dazu in unterschiedlichen Abständen zu standardisierten Emittern von Alpha-, Beta- und Gammastrahlung.
„Anschließend wurden die Reflexionsspektren der Proben analysiert, um die Farbtiefe zu ermitteln.“
Das Experiment zeigt, dass Hackmanit bei Radioaktivität seine Farbe ändert. Wie Vuori erklärt, ähneln die Farbwechsel denen von UV- und Röntgenstrahlung.
„Die Farbveränderung durch die Radioaktivität war der durch UV- und Röntgenstrahlung sehr ähnlich, aber etwas langsamer.“
Das Mineral färbt sich also umso intensiver rötlich-violett, je stärker die radioaktive Strahlung ist. Die spektroskopische Signatur des Minerals unterscheidet bei UV- oder Röntgenstrahlung und radioaktiver Bestrahlung deutlich. Es ist somit sichtbar, welche Ursache den Farbwechsel ausgelöst hat. Zudem ist der Farbwechsel auch bei Radioaktivität reversibel. Wenn die Strahlung nicht mehr besteht, nimmt das Mineral also langsam wieder seine weißliche Farbe an.
Die Studie belegt damit erstmals, dass das Mineral radiochromisch reagiert.
„Damit demonstrieren wir zum ersten Mal, dass Hackmanit radiochromisch reagiert, wenn es Alpha-, Beta- oder Gammastrahlung ausgesetzt wird.“
In Zukunft könnte Hackmanit somit die Basis für umweltfreundliche Dosimeter (Messgeräte für die Strahlendosis) bilden, weil die reversible, dosisabhängige Färbung das Ablesen der Strahlenbelastung ermöglicht. Bisher werden für Dosimeter in der Regel radiochrome Substanzen verwendet, die nicht wiederverwendbar oder giftig sind. Das ungiftige Mineral Hackmanit kann aufgrund seiner reversiblen Färbung hingegen mehrmals verwendet werden. Denkbar ist etwa der Einsatz in Film-Dosimetern in der Medizin.
Außerdem entdeckten die Forscher, dass Hackmanit ein „Gedächtnis“ für radioaktive Kontakte besitzt, obwohl es nach der Bestrahlung seine weißliche Färbung zurückerhält. Die radioaktive Strahlung hinterlässt im Kristallgitter des Minerals kleine Defekte, die dauerhaft über eine spektroskopische Untersuchung nachweisbar sind.
„Diese Gedächtnis-Spur bleibt auch dann erhalten, wenn sich das Hackmanit wieder komplett entfärbt hat. Hackmanit ist damit ein Gedächtnis-Material, das die einzigartige Fähigkeit hat, frühere Gammastrahlen-Expositionen zu speichern.“
Bisher konnte die Wissenschaft eine solche Eigenschaft laut den Autoren bei noch keinem anderen Mineral nachweisen.
Materials Horizons, doi: 10.1039/D2MH00593J