Plasma mit 1,3 Gigajoule

Fusionsreaktor Wendelstein-7X erreicht Meilenstein

Robert Klatt

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Auf den Punkt gebracht
  • Der deutsche Fusionsreaktor Wendelstein-7X hat nach seinem dreijährigen Umbai einen Meilenstein für den Energieumsatz des Plasmas aufgestellt
  • Das Fusionsplasma lieferte acht Minuten lang 1,3 Gigajoule, was ein neuer Rekord für die Entladungsdauer und Heizleistung ist

Der deutsche Fusionsreaktor Wendelstein-7X hat einen Meilenstein für den Energieumsatz des Fusionsplasma erreicht. Wendelstein-7X lief acht Minuten lang bei 1,3 Gigajoule. Das ist ein neuer Rekord für die Entladungsdauer und Heizleistung.

Greifswald (Deutschland). Aktuell werden unterschiedliche Kernfusionsreaktoren erprobt, darunter eine Laserfusionsanlage der National Ignition Facility (NIF), mit deren laserinduzierter Kernfusion kürzlich erstmals der brennende Plasmazustand und erreicht wurde. Zudem kam es bei der laserinduzierter Kernfusion zu einem unerwarteten Energieüberschuss im Fusionsplasma, den es laut der Maxwell-Boltzmann-Verteilung nicht geben dürfte. Weitere Institute erprobe zudem Fusionsreaktoren, bei denen der Plasmaeinschluss durch starke Magnetfelder erfolgt. Diese werden in Tokamak-Anlagen, wie etwa beim Großreaktor ITER und in Stellarator-Reaktoren, wie den Wendelstein 7-X, unterteilt.

Der Fusionsreaktor Wendelstein 7-X in Greifswald ist der weltweit größte Stellarator-Reaktor. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) zeigte kürzlich, dass sein Konzept für die Konstruktion von Kraftwerken geeignet ist. Im Wendelstein-7X bildet ein Ring aus 50 supraleitenden Magnetspulen ein komplexes Magnetfeld, das das ultraheiße Fusionsplasma an seiner Position hält. Im Gegensatz zu Tokamak-Anlagen, bei denen Plasma immer nur kurzzeitig zur Fusion gebracht werden kann, kann ein Stellarator-Reaktor also theoretisch im Dauerbetrieb laufen. Wendelstein-7X soll dies in der Realität belegen.

Umbau des Fusionsreaktors Wendelstein-7X

Die ersten Experimente mit dem Fusionsreaktor Wendelstein starteten bereits 2015. 2016 hat Wendelstein-7X sein erstes Wasserstoffplasma erzeugt und 2018 den Weltrekord für das Fusionsprodukt aus Plasmahitze, Dichte und Einschlusszeit, aufgestellt. Danach begann eine dreijährige Umbauphase, in der ein erweitertes Heizsystem und eine Wasserkühlung für die Wandelemente installiert wurde. Wendelstein-7X kann durch diesen Umbau in das Plasma doppelt so viel einbringen.

Energieumsatz von 1,3 Gigajoule

Laut einer Meldung des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) haben Physiker am Fusionsreaktor aus Deutschland nun einen neuen Meilenstein gemessen. Wendelstein-7X hat demnach kürzlich einen Energieumsatz von 1,3 Gigajoule erreicht und damit seinen alten Bestwert aus den Experimenten vor dem Umbau um das 17-fache übertroffen. Um die Die 1,3 Gigajoule zu erreichen, wurde eine durchschnittliche Heizleistung von 2,7 Megawatt verwendet. Die Entladung des Plasmas dauert 480 Sekunden (acht Minuten), was ebenfalls ein neuer Rekord für Wendelstein-7X ist.

„Wir tasten uns jetzt an immer höhere Energiewerte heran. Dabei müssen wir Schritt für Schritt vorangehen, um die Anlage nicht zu überlasten und zu beschädigen.“

Neue Plasmaheizung am Fusionsreaktor Wendelstein-7X

Erreicht wurde der neue Rekord durch eine dreiteilige Plasmaheizung, die die nötige Energie lieferte. Der Beginn ist eine Neutralteilcheninjektion, bei der beschleunigte Wasserstoffatome als Strahl in Plasma eingeschossen werden. Dabei kommt es zu Kollisionen der Wasserstoffatome mit den Plasmateilchen, die diese aufheizen. Anschließend folgt die zweite Heizung, die die Ionen im Plasma mit Radiowellen schwingen lässt, um sie weiter aufzuheizen. Das Verfahren ähnlich einer herkömmlichen Mikrowelle.

Die letzte Heizung, eine Mikrowellen-Elektronenheizung, funktioniert ebenfalls wie eine Mikrowelle. Sie heizt die Elektronen des Plasmas durch Schwingungen auf. Die Mikrowellen-Elektronenheizung ist für den Energieumsatz der Fusion entscheidend, weil diese für mehrere Minuten große Energiemengen übertragen konnte.

Divertor-Module mit Kühlsystem

Entscheidend für den Betrieb von Wendelstein-7X ist neben der innovativen Plasmaheizung auch die Wandkühlung im Fusionsreaktor. Diese besteht unter anderem aus besonders hitzebeständigen, gekühlten Divertor-Prallplatten. Als die Fusionsanlage umgebaut wurde, wurden deshalb 120 neue Divertor-Module mit Kühlsystem installiert. 657 Kühlkreisläufe leiten die Hitze des Plasmas über ein insgesamt 6,8 Kilometer langes Leitungssystem ab. Dies ermöglicht es Wendelstein 7-X mit signifikant höheren Plasmaenergien zu betreiben als vor dem Umbau. Laut den Verantwortlichen verfügt weltweit keine andere Fusionsforschungsanlage über eine derart gut gekühlte Innenwand.

In den kommenden Jahren möchte die Physiker der Energieumsatz auf 18 Gigajoule erhöhen. Das Plasma im Fusionsreaktor Wendelstein-7X soll dabei für 30 Minuten stabil gehalten werden.

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