Robert Klatt
Testläufe eines neuen Messinstruments am Large Hadron Collider (LHC) haben womöglich erstmals einen Nachweis für Neutrinos erbracht.
Genf (Schweiz). Wissenschaftler des CERN haben mit dem Large Hadron Collider (LHC) womöglich erstmals Neutrinos nachgewiesen. Laut einer Publikation im Fachmagazin Physical Review D wurden insgesamt sechs mögliche Neutrino-Interaktionen bei einem Testlauf eines neuen Messinstruments des weltgrößten Teilchenbeschleunigers im Jahr 2018 aufgezeichnet.
Dies ist das erste Mal, dass ein Teilchenbeschleuniger Hinweise auf die elektrisch neutralen Elementarteilchen gefunden hat, erklärt Jonathan Feng von der Universität Kalifornien. Laut dem Wissenschaftler ist der Nachweis deshalb ein bedeutender Durchbruch für die Forschung und ein Ausblick auf mögliche Entdeckungen, mit denen in den kommenden Jahren gerechnet wird. Laut Feng erwartet man vom Nachfolgeinstrument mehr als 10.000 Neutrino-Nachweise, wenn der LHC wieder aktiviert wird.
In der Physik werden Neutrinos auch als Geisterteilchen bezeichnet, weil sie laut dem Standardmodell keine Masse und nur eine minimale Kernkraft besitzen. Sie können deshalb praktisch nicht mit anderen Teilchen interagieren und sind nur unter hohem Aufwand nachzuweisen. Möglich ist dies mit speziellen Detektoren. In Teilchenbeschleunigern wie dem LHC wurden Neutrinos bisher aber noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen, obwohl bei den dortigen Kollisionen Hochenergie-Neutrinos entstehen, die sich eigentlich gut untersuchen lassen.
Derzeit wird deshalb der LHC mit dem Forward Search Experiment (Faser) ausgestattet, das im dritten Lauf des Teilchenbeschleunigers im kommenden Jahr Neutrinos erkennen soll. Faser soll dabei nicht nur viele Neutrinos nachweisen, sondern auch alle unterschiedlichen Varianten finden. Laut den Wissenschaftlern kann Faser alle Flavor von Neutrinos und die dazugehörigen Anti-Teilchen detektieren. Das Experiment soll überdies Hinweise auf Dunkle Materia finden.
Physical Review D, doi: 104.L091101