Pyrochlor-Magnet

Metall ohne thermische Ausdehnung entwickelt

 Robert Klatt

Pyrochlor-Magnet )kcotS ebodAanahceniS(Foto: © 

Die Wärmeausdehnung von Metallen sorgt bei vielen technischen Anwendungen für Probleme. Nun wurde eine verbesserte Version der Legierung Invar mit einer extrem hohen Temperaturstabilität produziert.

Wien (Österreich). Metalle dehnen sich bei höheren Temperaturen aus. Diese thermische Ausdehnung ist so groß, dass der Eiffelturm im Sommer etwa 15 Zentimeter höher ist als im Winter. Weil dieser Effekt bei vielen technischen Anwendungen problematisch ist, arbeitet die Forschung seit langem an Materialien mit einer möglichst kleinen Wärmeausdehnung. Dazu gehört unter anderem Invar, eine Legierung aus Eisen und Nickel, für deren Entdeckung Charles Edouard Guillaume den Nobelpreis für Physik erhalten hat.

Inzwischen ist es bekannt, dass bei Invar magnetische Effekte die thermische Ausdehnung minimieren. Wissenschaftler der Technische Universität Wien (TU Wien) untersuchen seit Langem mit komplexen Computersimulationen die Mechanismen dahinter.

„Je höher die Temperatur in einem Material, umso stärker bewegen sich die Atome – und wenn sich die Atome stärker bewegen, brauchen sie mehr Platz, der durchschnittliche Abstand zwischen ihnen nimmt zu. Dieser Effekt ist die Basis der Wärmeausdehnung, er lässt sich nicht verhindern. Aber man kann Materialien herstellen, in denen ein anderer, entgegengesetzter Effekt die Wärmeausdehnung fast exakt ausgleicht.“

Wärme reduziert magnetische Ordnung

Wieso Invar eine so hohe Temperaturstabilität hat, konnte die Wissenschaft lange nicht beantworten. Inzwischen haben die Forscher der TU Wien mit neuen Computersimulationen entdeckt, dass der Effekt durch den Magnetismus entsteht. Bei höheren Temperaturen ändern bestimmte Elektronen ihren Zustand und die magnetische Ordnung nimmt ab. Dieser Effekt sorgt dafür, dass sich das Invar zusammenzieht und die thermische Ausdehnung nahezu komplett kompensiert wird.

„Zum ersten Mal steht eine Theorie zur Verfügung, die konkrete Vorhersagen für die Entwicklung neuer Materialien mit verschwindender Wärmeausdehnung machen kann.“

Neue Legierung mit extremer Temperaturstabilität

Laut einer Publikation im Fachmagazin National Science Review haben die Forscher auf Basis dieser Erkenntnisse nun ein neues Material entwickelt, das dank desselben Funktionsprinzips eine noch höhere Temperaturstabilität hat. Das neue Material dehnt sich in einem Temperaturbereich von 400 Grad Celsius nur ein Zehntausendstel-Prozent aus. Das neue Material mit dem Namen „Pyrochlor-Magnet“ hat eine komplexere Zusammensetzung als Invar und besteht aus Eisen, Zirkonium, Niob und Kobalt.

„Daraus entstand ein Material mit einem extrem niedrigen Wärmeausdehnungskoeffizienten – und zwar über einen bisher unerreicht großen Temperaturbereich hinweg, von rund minus 270 Grad Celsius bis plus 150 Grad Celsius.“

In Zukunft könnte das neue Material in unterschiedlichen Bereichen verwendet werden, etwa in der Luft- und Raumfahrt und bei anderen technischen Anwendungen, in denen die Bauteile in einem großen Temperaturbereich funktionieren müssen.

National Science Review, doi: 10.1093/nsr/nwae462

Spannend & Interessant
VGWortpixel