Charm-Quarks

Teilchenbeschleuniger - Neues Tetraquark am CERN entdeckt

Robert Klatt

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Das CERN hat erstmals ein Tetraquark aus einer Sorte Charm-Quarks entdeckt. Die Wissenschaft erhofft sich von X(6900) die Wirkungsweise der starken Kernkraft besser verstehen zu können.

Meyrin (Schweiz). Quarks bilden die Grundbausteine der Materie. In kurzlebigen Mesonen bilden jeweils ein Quark und ein Antiquark ein Paar, im Atomkern bestehen Protonen und Neutronen aus jeweils drei Quarks, die von der starken Kernkraft, einer der vier Grundkräfte der Physik, zusammengehalten werden. Experimente konnten in den letzten Jahren außerdem Teilchen mit mehr als drei Quarks, darunter eine exotische Materie aus sechs Quarks, nachweisen. Alle bisher bekannten Quark-Verbünde haben jedoch gemeinsam, dass sie zumindest aus zwei unterschiedlichen Quarks bestehen.

Wissenschaftler der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) haben nun mithilfe des Teilchenbeschleunigers erstmals ein Tetraquark entdeckt, das aus einer Sorte Charm-Quarks besteht. Laut Giovanni Passaleva, Sprecher der LHCb-Kollaboration sind „Teilchen aus vier Quarks ohnehin schon exotisch, aber das nun entdeckte, ist das, erste, das aus vier schweren Quarks des gleichen Typs besteht.“ Zusammengesetzt ist das kürzlich entdeckte Tetraquark aus zwei Charm-Quarks und zwei Anti-Charm-Quarks.

Kollision mit nahezu Lichtgeschwindigkeit

Laut der auf dem Preprint-Server arXiv publizierten Forschungsarbeit wurde das X(6900) getaufte Tetraquark in den Kollisionsdaten der ersten beiden Laufzeiten des weltstärksten Teilchenbeschleunigers nachgewiesen. Der Large Hadron Collider (LHC) wird genutzt, um Protonen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit und einer Energie von 13 Teraelektronenvolt kollidieren zu lassen. Es entstehen dabei kurzlebige Teilchenarten, die in der Regel durch Zerfallsprodukte bestimmter Massen entdeckt werden.

J/ψ-Mesonen Überschuss

Das Team um Passaleva hat in den Daten des LHCb-Detektors einen solchen Überschuss bei der Menge der registrierten J/ψ-Mesonen entdeckt. Es handelt sich dabei um Teilchen, die aus einem Charm-Quark und einem Anti-Charm-Quark bestehen. Laut den Wissenschaftlern liegt die Signifikanz der Abweichung auf der Kurve bei mehr als fünf Sigma, einem Wert, bei dem ein Zufall so unwahrscheinlich ist, dass in der Teilchenphysik offiziell von einer Entdeckung gesprochen werden kann.

Laut den Studienautoren spricht die Masse der Zerfallsprodukte dafür, dass der Mesonen-Überschuss erzeugt wurde, als die Kollision kurzzeitig ein Tetraquark aus zwei Charm-Quarks und zwei Anti-Charm-Quarks erzeugt hatte. Zuvor haben Modelle der Physik ein solches Teilchen bereits vorhergesagt, nachgewiesen werden konnte es aber noch nicht. Wie Passaleva erklärt „repräsentiert dieses Tetraquark die erste Beobachtung dieser hochgradig ungewöhnlichen Kombination.“ Offen ist noch wie die vier Quarks in dem Tetraquark gebunden sind und ob es sich um gleich starke oder zwei schwächer verbundene Paare handelt.

Besseres Verständnis der starken Kernkraft

In Zukunft soll die Erforschung des X(6900) Tetraquark laut den Physikern ein besseres Verständnis der starken Kernkraft ermöglichen. Laut Passaleva „könnten viele theoretische Modelle eingegrenzt werden, wenn es den Wissenschaftlern gelingt die Natur dieses neuen Teilchens zu enträtseln.“

Dies liegt daran, dass bei einem Teilchen mit vier identisch schweren Quarks die Wechselwirkungen untereinander und mit den Trägerteilchen der starken Kernkraft besser differenziert werden können. Laut Chris Parkes „sind diese exotischen Teilchen extreme und doch einfache Vertreter hadronischer Teilchen.“

arXiv, doi: 2006.16957v1

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