Robert Klatt
Terahertzstrahlung, die zum Beispiel bei Sicherheitskontrollen an Flughäfen eingesetzt wird, galt lange als ungefährlich. Japanische Wissenschaftler haben nun belegt, dass die Strahlung Zellschäden verursachen kann.
Sendai (Japan). Terahertzstrahlung, die auch als Submillimeterwellen bezeichnet werden, befindet sich im elektromagnetischen Spektrum zwischen Mikrowellen und Infrarotstrahlung. Sie kann viele Materialien wie Textilien, Kunststoff und Papier zerstörungsfrei durchdringen und wird deshalb für Materialtests, aber auch an Flughäfen für Sicherheitskontrollen genutzt. Im Gegensatz zur kurzwelligeren Röntgenstrahlung wurde bisher angenommen, dass dabei weder Zellen noch die DNA des Menschen geschädigt wird.
Wissenschaftler des RIKEN-Forschungszentrums in Sendai um Shota Yamazaki haben nun herausgefunden, dass dies nur zum Teil stimmt. Terahertzstrahlung wird zwar bereits von der Hautoberfläche komplett absorbiert, kann also nur die oberste Zellschicht erreichen, wird laut der im Fachmagazin Scientific Reports publizierten Studie aber dort Energie umgewandelt, die weiter in den Körper eindringen kann. Es ist somit möglich, dass auch inneres Gewebe und Organe geschädigt werden.
Laut Yamazaki zeigten Vorversuche mit Wasser, dass Terahertzstrahlung Schockwellen auslösen kann, die mehrere Millimeter weit reichen. Die Wissenschaftler untersuchten deshalb, ob diese Schockwellen biologische Zellkomponenten beeinflussen können. Dazu nutzten sie Aktinfilamente, die mit Pulsen von Terahertzstrahlung beschossen wurden. Es handelt sich dabei um Proteinfäden, deren Zellgerüst ein zentraler Bestandteil von Muskelfasern ist.
Das Experiment bestand aus Aktinfilamenten, die die Wissenschaftler in Wasser lösten. Die Aktinfilamente bleiben dabei intakt. Bei einer Bestrahlung mit Terahertzpulsen von 80 Mikrojoule pro Quadratzentimeter sank die Menge anschließend um 50 Prozent. Dies spricht laut Yamazaki dafür, dass die Bestrahlung zu einer Störung bei der Bildung dieser Filamente geführt hat.
Laut den Studienautoren kann allerdings nicht die Terahertzstrahlung selbst für die Schäden verantwortlich sein, weil „der hohe Absorptionseffekt des Wassers die Eindringtiefe auf rund zehn Mikrometer, das sind nur rund ein Prozent des Probenvolumens, limitiert.“ Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass die Strahlung in mechanische Energie umgewandelt wird, die dann die Schäden an der Aktinfilamenten auslöst. Dafür spricht auch, dass sich das Wasser der bestrahlten Probe kaum aufheizte.
Yamazaki konstatiert, dass „die Ergebnisse belegen, dass die Energie der Terahertzstrahlung mehr als einen Millimeter weit in eine wässrige Lösung vordringen kann und dass dabei die Strahlungsenergie offenbar in eine Druckwelle umgewandelt wird, die dann zelluläre Aktinfilamente schädigen kann.“
Anschließend untersuchten die Wissenschaftler ob Terahertzstrahlung auch bei lebenden Zellen zu Schäden führt. Dazu bestrahlten sie Zellkulturen in einem Nährmedium mit Terahertzpulsen. Um eine direkte Strahlenwirkung auszuschließen, lag zwischen der Oberfläche und den Zellen ein Abstand von 800 bis 1.800 Mikrometern.
Auch dieses Experiment führte zu Schäden. Laut Yamazaki „waren die Aktinfilamente verringert und am Zellrand waren verklumpte Aktinkomplexe zu beobachten.“ Im Vergleich zu einer Kontrollkultur, die nicht bestrahlt wurde, lag der Temperaturunterscheid bei nur 0,5 Grad. Eine zu starke Erhitzung durch die Bestrahlung ist deshalb als Grund für die Zellschäden auszuschließen.
Negative Effekte auf das Überleben der Zellen oder weiterreichende Schäden konnten während des Experiments hingegen nicht beobachtet werden. Laut Yamazaki „ist es interessant, dass Terahertzstrahlung auf die zellulären Proteine wirken kann, ohne die Zellen zu töten.“ Die Wissenschaftler betonen deshalb, dass weitere Studien durchgeführt werden sollten, um zu untersuchen, ob Terahertz-Technologie zu Schäden beim Menschen führen kann.
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-020-65955-5