Robert Klatt
Eine Plasmafalle auf Basis eines Quadrupol-Magnetfelds ermöglicht erstmals das Einfangen von ultrakalten, neutralen Plasmen.
Houston (U.S.A.). Neben gasförmig, flüssig und fest ist Plasma der vierte Grundzustand der Materie, der entsteht, wenn Atome zum Beispiel durch extreme Hitze oder die Hochspannung eines Blitzschlags ihre Elektronen verlieren. Plasmen sind in der Regel leitend und können durch starke Magnetfelder gelenkt werden. Dies wird unter anderem zum Plasmaeinschluss bei Fusionsreaktoren genutzt.
Ultrakaltes, neutrales Plasma reagiert hingegen kaum auf Magnetfelder, weil die Ionen sich nur extrem langsam bewegen und sich die Kopplung der Teilchen untereinander verändert. Dies führt unter Extrembedingungen, die in Weißen Zwergen und dem Kern des Gasriesens Jupiter vorkommen, dazu, dass Plasma flüssig und sogar fest werden kann. Außerdem existiert auch interstellares Plasma im ultrakalten Zustand.
Wissenschaftler der Rice University in Houston haben 2019 überdies erstmals ultrakaltes, neutrales Plasma im Labor erzeugt (Science). Als Basis diente dazu heißes Plasma aus Strontiumatomen, das anschließend durch eine Laserkühlung fast bis zum absoluten Nullpunkt heruntergekühlt wurde.
Nun es ist dem Team um Thomas Killian von der Rice University laut ihrer Publikation in den Physical Review Letters erstmals gelungen, das ultrakalte, neutrale Plasma in einer Art „Käfig“ einzufangen und für mehr als eine halbe Millisekunde zu erhalten. Normalerweise verfliegt das Plasma innerhalb weniger Mikrosekunden vollständig. Das Festhalten des Plasmas ermöglicht den Physikern eine Analyse der Beschaffenheit und des Verhaltens der exotischen Materie.
Um das Plasma einzufangen, kühlten die Wissenschaftler zunächst eine Wolke aus Stroniumatomen auf drei Millikelvin. Anschließend raubten die den Atomen mithilfe eines kurzes Laserpulses die Elektronen, was aus der Gaswolke Plasma macht. Dabei wurden die geraubten Elektronen in einen Zustand versetzt, in dem sie durch ein Gitter aus vier modulierten Magnetfeldern gesteuert werden konnten.
In der Plasmaforschung werden solche Quadrupol-Magnetfeld bei der Erzeugung ultrakalter Plasmen zwar häufig verwendet, um das schnelle Verfliegen des Plasmas zu unterdrücken, musste das Magnetfeld aber zusätzlich angepasst werden.
Thomas Killian: „Es entsteht eine große Komplexität, wenn unser Plasma sich über die Feldlinien hinweg ausbreitet und dann beginnt, die Magnetkräfte zu spüren, die es abbremsen.“
Erschwert wurde das Einfangen zusätzlich dadurch, dass das Plasma selbst die Magnetfelder ebenfalls beeinflusst. Die Optimierung der Methode benötigte daher rund ein Jahr.
Stephen Bradshaw: „Eines der Hauptprobleme ist es daher, das Magnetfeld stabil genug zu halten, damit es die Reaktion lange genug einschließen kann. Sobald es nur eine kleine Turbulenzstörung im Magnetfeld gibt, wächst die Wolke und die Plasmareaktion ist ruiniert.“
Laut den Entwicklern der Plasmafalle öffnet diese neue Möglichkeiten zur Erforschung von ultrakalten, neutralen Plasmen.
Thomas Killian: „Das verschafft uns ein sauberes und kontrollierbares Testfeld, um die neutralen Plasmen zu untersuchen, die sonst an weit komplexeren Orten vorkommen, wie der Atmosphäre der Sonne oder in Weißen Zwergen. Indem wir mit einfachen, gut kontrollierten Systemen beginnen, können die Phänomene isolieren, die wir untersuchen möchten.“
In Zukunft möchten die Wissenschaftler durch weitere Optimierungen die Plasmafalle noch stabiler machen, um ultrakaltes Plasma für einen längeren Zeitraum untersuchen zu können.
Science, doi: 10.1126/science.aat3158
Physical Review Letters, doi: 10.1103/PhysRevLett.126.085002