Robert Klatt
AfD-Wähler sind unabhängig von sozioökonomischen Faktoren mit ihrer finanziellen Situation und ihrem Leben unzufriedener als die Unterstützer aller anderen Parteien. Dies liegt an der oft negativen Rhetorik der AfD-Politiker.
Berlin (Deutschland). Olaf Scholz (SPD) hat die Alternative für Deutschland (AfD) bereits mehrfach als „Schlechte-Laune-Partei“ bezeichnet. Eine nun publizierte Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigt, dass der Bundeskanzler der Republik Deutschland mit seiner Aussage nicht falsch liegt. Die Forscher des WZB haben für ihre Studie über 5.000 Personen im Zeitraum von 2019 bis 2021 befragt, um eventuell bestehende Zusammenhänge zwischen dem Wohlbefinden und dem Wahlverhalten zu untersuchen.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin PLOS ONE haben sie in den Antworten ein klares Muster entdeckt, laut dem AfD-Wähler mit ihrer ökonomischen Situation und ihrem Leben deutlich unzufriedener sind als die Unterstützer aller anderen Parteien. Am stärksten ist der Zusammenhang zwischen der Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben und dem Wahlverhalten bei Personen, die erst relativ kurz AfD-Wähler sind. Die Umfrage zeigt zudem, dass die Lebenszufriedenheit wieder zunimmt, wenn eine Person die AfD nicht länger unterstützt.
Der Zusammenhang zwischen der Lebenszufriedenheit und der Unterstützung der AfD besteht unabhängig von sozioökonomischen Faktoren wie der formalen Bildung oder dem Einkommen. Die Ökonomen haben zudem berechnet, dass die reduzierte Lebenszufriedenheit durch ein zusätzliches Monatseinkommen von 2.500 Euro ausgeglichen werden kann. Eine Person würde demnach dieselbe Lebenszufriedenheit empfinden, die sie hatte, bevor die damit begonnen hat, die AfD zu unterstützten, wenn sie ihr monatliches Einkommen um diesen Betrag erhöht.
Um zu untersuchen, ob lediglich eine Korrelation vorliegt oder eine Kausalität, haben die Wissenschaftler zwei Experimente durchgeführt. Im ersten Experiment, das vor, während und nach dem AfD-Bundesparteitag im November 2020 durchgeführt wurde, wurden Unterstützer der AfD und anderer Parteien befragt. Unterstützter der AfD berichteten von einem reduzierten Wohlbefinden und einer geringeren Lebenszufriedenheit.
In dem zweiten Experiment wurden die Probanden in zwei Gruppen unterteilt. Die eine Gruppe beantwortete zunächst Fragen zu ihrer präferierten Partei und danach zu ihrem Wohlbefinden. Bei der zweiten Gruppe war die Reihenfolge umgekehrt. Die Ergebnisse zeigen, dass AfD-Wähler, die sich mit den Themen der AfD kürzlich auseinandergesetzt haben, ein reduziertes Wohlbefinden haben. Bei AfD-Wählen aus der Kontrollgruppe, die sich erst nach den Fragen zum Wohlbefinden mit den Fragen zur Politik beschäftigt haben, war das Wohlbefinden weniger stark reduziert.
Die beiden Experimente belegen somit, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Unterstützung der AfD und dem persönlichen Wohlbefinden besteht. Laut den Forschern könnte dies an der oft negativen Rhetorik der AfD-Politiker liegen. Menschen, die die AfD wählen, sind dieser Negativität oft ausgesetzt.
PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0303133