Robert Klatt
Cannabiskonsumenten können die Emotionen anderer Menschen besser verstehen. Die Droge könnte deshalb bei psychischen Störungen helfen.
Mexiko-Stadt (Mexiko). Nahezu alle Drogen beeinflussen das Verhalten und die Emotionen des Menschen. Es existiert etwa das Vorurteil, dass Cannabiskonsum zu Antriebs- und Freudlosigkeit führt, obwohl eine Studie Universität Cambridge dies bereits widerlegt hat. Forscher der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) haben nun untersucht, ob Cannabis sich auf die Empathiefähigkeit des Menschen auswirkt.
Die Forschung hat bereits zuvor entdeckt, dass Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) sich im Gehirn primär an CB1-Rezeptoren bindet. Ein Großteil dieser Rezeptoren liegt in einem Teil der Großhirnrinde, der mitfühlenden Emotionen verarbeitet. Das Team um Olalde-Mathieu hat deshalb die These aufgestellt, dass ein regelmäßiger Cannabiskonsum die die Empathie beeinflussen könnte.
Laut der Publikation im Journal of Neuroscience Research haben im Rahmen der Studie 85 Cannabiskonsumenten den kognitiven und affektiven Empathietest (TECA) absolviert. Es handelt sich dabei um einen standardisierten Test der Psychologie, der analysiert, wie gut sich Menschen in andere Personen versetzen und deren Emotionen nachvollziehen können. Die Cannabiskonsumenten haben im TECA deutlich besser abgeschnitten als die Kontrollgruppe. Sie haben also eine höhere Empathiefähigkeit.
Anschließend haben die Forscher mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) die Gehirne von 46 Cannabiskonsumenten und 36 Kontrollpersonen untersucht. Sie entdeckten dabei, dass die Drogenkonsumenten in Hirnregionen, die mit Empathie und Emotionen assoziiert sind, besser vernetzt sind.
Die Studie zeigt somit, dass sich Cannabiskonsumenten besser in andere Menschen hineinversetzen können. Es ist demnach möglich, dass die Droge bei bestimmten Krankheiten und psychischen Störungen helfen kann.
„Diese Ergebnisse eröffnen spannende Möglichkeiten, Cannabis bei der Behandlung von Erkrankungen einzusetzen, die mit Defiziten während sozialer Interaktionen einhergehen, zum Beispiel Soziopathie, soziale Angst oder ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörungen.“
Journal of Neuroscience Research, doi: 10.1002/jnr.25252