Robert Klatt
Der tägliche Konsum von Cannabis mit hohem THC-Gehalt verfünffacht das Risiko von Psychosen im Vergleich zu Menschen, die in ihrem Leben nie die Droge konsumiert haben.
London (England). Laut einer Studie des King’s College London (KCL) existiert ein starker Zusammenhang zwischen dem täglichen Cannabiskonsum und dem Risiko, eine Psychose zu entwickeln. Besonders hoch ist das Risiko laut der im Fachmagazin The Lancet Psychiatry publizierten Studie, wenn die Droge einen hohen Anteil Tetrahydrocannabinol (THC) hat.
Die Wissenschaftler um Dr. Marta Di Forti analysierten für ihre Fall-Kontrollstudie Daten aus elf Regionen in England, Frankreich, den Niederlanden, Frankreich, Italien, Spanien und Brasilien. Sie stellten dabei fest, dass in Städten, in denen leicht Cannabis mit hohem THC-Gehalt erworben werden kann, ein auffallend großer Anteil der Neudiagnosen von Psychosen bei Personen auftraten, die diese hochpotente Droge täglich konsumiert hatten. Dies war unter anderem in London und Amsterdam der Fall, wo ein Drittel bzw. die Hälfte der Psychotikern Cannabiskonsumenten waren.
„Unsere Ergebnisse stimmen mit denen vorheriger Studien überein, wonach der Gebrauch von Cannabis mit THC-Konzentrationen über 10 Prozent mehr schädliche Effekte auf die geistige Gesunheit hat als der Gebrauch schwächerer Sorten“, erklärt Di Forti. Überdies belegt die Studie erstmals, dass die Inzidenz psychiatrischer Erkrankungen auf Bevölkerungsebene durch den Konsum des Suchtmittels beeinflusst wird.
Um diesen Zusammenhang zu belegen, untersuchten die Forscher, wie viele Psychosen zwischen 2010 und 2015 in den Regionen auftraten. Im Anschluss analysierten sie die Anamnese von 901 Patienten sowie von 1.237 Probanden aus der Kontrollgruppe. Sie stellten dabei fest, dass knapp ein Drittel (29,5 %) der Patienten mit Neudiagnose Psychose täglich hochpotentes Cannabis konsumierten. In der Kontrollgruppe, in der keine Psychosen auftraten, war der Anteil der Cannabiskonsumenten deutlich geringer (6,8 %). 37,1 Prozent der Psychose-Patienten hatten in ihrem Leben mindestens einmal Cannabis mit hohem THC-Gehalt konsumiert. In der Vergleichsgruppe waren es nur 19,4 Prozent.
Anhand der Daten errechneten die Forscher, dass Menschen, die täglich Cannabis mit moderatem THC-Gehalt konsumieren, ein dreifach so hohes Risiko für eine erstmalige Psychose haben wie Menschen, die in ihrem Leben noch nie die Droge konsumieren. Wenn täglich hochpotentes Cannabis konsumiert wird, ist das Risiko sogar fünfmal so hoch. Rund ein Fünftel der Psychose-Fälle an den Studienorten könnte demnach auf den täglichen Cannabiskonsum zurückgehen.
The Lancet Psychiatry, doi: 10.1016/S2215-0366(19)30048-3