Robert Klatt
Bestimmte Menschen haben eine genetische Prädisposition, die sowohl das Risiko für die Entwicklung psychiatrischer Störungen als auch Cannabiskonsum erhöht. Dies könnte erklären, wieso Cannabiskonsumenten öfter unter Schizophrenie, Psychosen und anderen psychischen Krankheiten leiden.
Oslo (Norwegen). In der Wissenschaft wird seit Langem darüber diskutiert, ob eine Korrelation zwischen Cannabiskonsum und psychischen Beschwerden besteht. Menschen, die an psychotischen Krankheiten leiden, nutzen die Droge Krankheiten oft. Studien des King's College London (KCL) zeigten zudem, dass Cannabiskonsum das Risiko von Psychosen erhöht und bei jungen Männern etwa ein Drittel aller Schizophreniefälle auslöst.
Forscher der Universität Oslo um Weiqiu Cheng haben laut einer Publikation im Fachmagazin The Lancet Psychiatry nun eine gemeinsame genetische Basis für den Gebrauch von Cannabis und psychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie und Bipolare Störung entdeckt. Eine spezifische Personengruppe ist demnach genetisch prädisponiert für die Entwicklung psychiatrischer Störungen und Cannabiskonsum.
„Diese Studie zeigt, dass es eine gemeinsame genetische Grundlage gibt, die unsere Anfälligkeit sowohl für den Gebrauch von Cannabis als auch für bestimmte psychiatrische Störungen beeinflusst. Diese Erkenntnisse könnten darauf hinweisen, dass ein Teil der Bevölkerung aufgrund ihrer genetischen Veranlagung ein hohes Risiko sowohl für den Konsum von Cannabis als auch für psychiatrische Störungen hat.“
Mithilfe von fortschrittlichen statistischen Modellen zeigt die Studie, dass ein Großteil der gemeinsamen genetischen Varianten das Risiko für Cannabisgebrauch und das Auftreten von Schizophrenie oder bipolarer Störung erhöht. Interessanterweise existieren jedoch auch genetische Varianten mit gegensätzlichen Auswirkungen. Sie steigern das Risiko für den Cannabiskonsum, während sie gleichzeitig das Risiko für die genannten psychiatrischen Erkrankungen senken. Wie Nadine Parker erklärt, legt dies eine komplexe Verbindung nahe.
„Diese Erkenntnisse sind wichtig, da sie zeigen, dass die komplexen Verbindungen zwischen dem Gebrauch von Cannabis und diesen Störungen nicht nur durch den Cannabisgebrauch selbst verursacht werden könnten, sondern auch durch eine gemeinsame genetische Anfälligkeit getrieben sein könnten.“
Cannabis dient in bestimmten Weltregionen als medizinisches Mittel zur Schmerzbekämpfung und wirkt dort zudem als Antidepressivum. Zusätzlich wird eine bestimmte Komponente des Cannabis als potenzielle Therapie gegen Psychosen in Betracht gezogen. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass gemeinsame genetische Varianten mit gegenläufigen Effekten auf biologische Mechanismen hindeuten könnten, die die vorteilhaften Wirkungen von Cannabis untermauern könnten.
Die neu gewonnenen Ergebnisse haben mehrere entscheidende klinische Konsequenzen. Erstens könnten diese Erkenntnisse zu individueller Betreuung führen, die präventive und eingreifende Maßnahmen für Personen mit hohem Risikopotential einschließt. Dies könnte auch die Reduktion des Cannabiskonsums bei Individuen mit hohem genetischem Risiko für Schizophrenie und Bipolare Störung beinhalten.
Des Weiteren könnten künftige Untersuchungen der biologischen Effekte der geteilten genetischen Varianten zur Entwicklung von zielgerichteteren Therapieansätzen beitragen. Schließlich kann das vertiefte Verständnis der genetischen Überlappungen dazu genutzt werden, Patienten für spezifischere Behandlungsstrategien zu kategorisieren.
The Lancet Psychiatry, doi: 10.1016/S2215-0366(23)00143-8