Robert Klatt
Inkompetente Chefs, ein schlechtes Gehalt oder zu viel Stress? Eine umfassende Studie zeigt, wieso Arbeitnehmer ihren Job wirklich kündigen.
Erlangen (Deutschland). In der Betriebswirtschaftslehre (BWL) ist der Ausspruch „People quit bosses, not jobs“ (Menschen kündigen wegen ihrer Chefs, nicht wegen ihrer Jobs) weitverbreitet. Forscher der Friedrich-Alexander University Erlangen-Nürnberg (FAU) haben nun untersucht, ob Arbeitnehmer tatsächlich wegen ihres Vorgesetzten kündigen oder ob andere Gründe für die meisten Kündigungen verantwortlich sind.
Laut der Publikation im Journal of Vocational Behavior haben die Wissenschaftler für den ersten Teil ihrer Studie 78 internationale Studien analysiert. Die Metaanalyse ergab, dass die Arbeitnehmer am häufigsten wegen Überarbeitung und dem daraus resultierenden Stress kündigen. Die zweit- und dritthäufigsten Kündigungsgründe sind zu schlechte Aufstiegs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten sowie zu Führungsqualitäten von Vorgesetzten. Das Gehalt gehört hingegen nicht zu den drei häufigsten Kündigungsgründen.
Im zweiten Teil der Studie haben die Forscher eine anonyme Onlinebefragung mit 200 Teilnehmern durchgeführt. Diese zeigt ebenfalls, dass Arbeitnehmer oft aufgrund zu schlechter Karrierechancen, Problemen mit Vorgesetzten oder Kollegen und einer zu hohen Arbeitsbelastung kündigen. Bei den meisten Teilnehmern führt eine Kombination dieser Ursachen zur Kündigung.
„Die meisten Beschäftigten geben nicht nur einen Grund an, sondern meist drei oder vier, mitunter auch eine Mischung aus annäherungs- und vermeidungsorientierten Gründen. Interessant war auch, dass die Beschäftigten zugaben, dem ehemaligen Arbeitgeber gegenüber nicht alle Kündigungsgründe offenbart zu haben. Im Schnitt wurde ein Viertel der Gründe verschwiegen.“
Im letzten Teil der Studie haben die Forscher 312 detaillierte Exitinterviews analysiert, die Arbeitnehmer nach ihrer Kündigung mit der Personalabteilung von großen Unternehmen geführt haben. Die Befragten nannten als Kündigungsgründe, dass sie in ihrem neuen Job bessere Aufstiegsmöglichkeiten haben, ein höheres Gehalt erhalten und eine attraktive Arbeit haben.
Laut den Forschern lassen sich aus den Ergebnissen der drei Studienbestandteile praktische Handlungsempfehlungen für Führungskräfte und Unternehmen ableiten.
„Arbeitgeber sollten Arbeitsbedingungen möglichst so gestalten, dass Stress durch Überlastung vermieden wird. Zudem sollten sie darauf achten, dass Beschäftigte sich weiterentwickeln können. Wer diese beiden Aspekte im Auge behält, packt schon mal die beiden wichtigsten Kündigungsgründe bei der Wurzel.“
Die Studie zeigt zudem, dass „people quit bosses“ zu hinterfragen ist. Es wurde zwar deutlich, dass Probleme mit Führungskräften häufig zu Kündigungen führen, aber nicht so oft, wie zuvor angenommen wurde.
Journal of Vocational Behavior, doi: 10.1016/j.jvb.2025.104099