Robert Klatt
Beiträge, die als empörend empfunden werden, werden in den sozialen Netzwerken häufiger geteilt. Der Wahrheitsgehalt der Informationen beeinflusst die Reichweite im Internet hingegen kaum.
Princeton (U.S.A.). In den sozialen Netzwerken teilen viele Menschen laut einer Studie der Pennsylvania State University (Penn State) Fakenews und Verschwörungstheorien, obwohl sie zuvor die Artikel nicht gelesen haben und nur die Überschrift kennen. Wissenschaftler der Princeton University haben nun untersucht, welche Informationen in den sozialen Netzwerken Facebook und X am meisten geteilt werden.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science haben sie dazu etwa eine Million Beiträge auf Facebook und etwa 45.000 Beiträge auf Twitter analysiert. Die Beiträge stammen aus den Jahren 2017, 2020 und 2021, also Zeiträumen, in denen in den U.S.A. die eine Million Beiträge auf Facebook und etwa.
Die Analyse der Beiträge zeigt, dass Inhalte, die für Empörung sorgen, am meisten von den Nutzern geteilt werden und somit die höchste Reichweite im Internet erhalten. Empörung haben die Forscher definiert als Mischung aus Abscheu vor einem als unmoralisch empfundenen Verhalten und Ärger. Ob ein Beitrag empörend ist, wurde bei Facebook über die Emojis gemessen und bei Twitter über den Tonfall der Antworten. Die Daten zeigen deutlich, dass ein höherer Empörungsgrad dazu führt, dass Nutzer einen Beitrag mit einer höheren Wahrscheinlichkeit mit ihren Kontakten teilen.
Zudem haben die Forscher analysiert, ob der Wahrheitsgehalt eines Beitrags beeinflusst, wie oft dieser von Nutzern geteilt wird. Um den Wahrheitsgehalt der zahlreichen Beiträge zu bestimmen, haben die Forscher die Nachrichtenseiten in vertrauenswürdige Medien und Medien, die oft Fakenews und Verschwörungstheorien teilen, kategorisiert.
Die Analyse zeigt, dass der Wahrheitsgehalt eines konkreten Beitrags und die Vertrauenswürdigkeit der Quelle kaum einen Einfluss darauf haben, wie stark Nutzer diese weiterverbreiten. Im Mittel ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Inhalte aus unseriösen Quellen geteilt werden sogar höher, weil diese mehr Empörung verursachen.
Die Wissenschaftler haben zudem ein Experiment durchgeführt, bei dem die Probanden beurteilen sollten, ob eine Nachricht wahr ist oder ob es sich dabei um Fakenews handelt. Im Durchschnitt konnten die Probanden den Wahrheitsgehalt der Nachrichten gut einschätzen und Fakenews erkennen.
Daraus schlussfolgern die Forscher, dass Nutzer durch das Teilen von Inhalten in den sozialen Netzwerken ihre Kontakte nicht vornehmlich informieren möchten, sondern durch das Teilen der empörenden und oft falschen Inhalten ihre Zugehörigkeit zu einem politischen Spektrum und ihre moralische Integrität zeigen wollen.
Science, doi: 10.1126/science.adl2829