Einfluss des Klimawandels

Extreme Hitze führt zu Hetze im Internet

Robert Klatt

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Auf den Punkt gebracht
  • Bei Temperaturen außerhalb des Wohlfühlfensters nehmen Hasskommentare bei Twitter stark zu
  • Besonders viele Hetze wird im Internet bei über 30 Grad Celsius verbreitet
  • Es wird somit deutlich, dass der Klimawandel auch die psychische Gesundheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Menschen beeinflusst 

Bei extremer Hitze nehmen Hasskommentare im Internet zu. Der Klimawandel gefährdet also auch die psychische Gesundheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Menschen

Potsdam (Deutschland). Hitzewellen sind eine ernstzunehmende Gefahr für die psychische und physische Gesundheit des Menschen. Eine Studie des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat nun einen weiteren überraschenden Zusammenhang zwischen hohen Temperaturen und dem menschlichen Verhalten entdeckt. Demnach kommt es bei Temperaturen außerhalb des Wohlfühlspektrums vermehrt zu Hasskommentare im Internet.

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin The Lancet Planetary Health analysierten die Forscher 75 Millionen auf Twitter gepostete Hassnachrichten aus den U.S.A., die sie mit den jeweiligen Wetterdaten verknüpften. Wie Annika Stechemesser erklärt, konnten sie dabei feststellen, dass Hetze im Internet bei Temperaturen über 30 Grad Celsius in allen Klimazonen und in allen sozioökonomischen Schichten zunimmt.

„In mehr als vier Milliarden Tweets von US-Nutzern haben wir mit unserem KI-Algorithmus Hass-Tweets aufgespürt und mit Wetterdaten kombiniert. Dabei haben wir festgestellt, dass sowohl die absolute Zahl als auch der Anteil der Hass-Tweets außerhalb einer Klimakomfortzone steigt: Menschen neigen zu aggressiverem Online-Verhalten, wenn es draußen entweder zu kalt oder zu heiß ist.“

Weniger Hasskommentare im Wohlfühlfenster

In einem Wohlfühlfenster zwischen 12 und 21 Grad Celsius werden quer durch die U.S.A. weniger Hasskommentare auf Twitter veröffentlicht. Am wenigsten Hetze wird zwischen 15 und 18 Grad Celsius geteilt. Bei heißeren und kühleren Temperaturen, die außerhalb des Wohlfühlfensters der meisten Personen liegen, nimmt die Hassrede hingegen zu. Je nach Region und den dort üblichen Temperaturen schwankt das Wohlfühlfenster leicht.

Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius kam es zu einer besonders deutlichen Zunahme von Hassbotschaften. Laut den Forschern deutet das darauf hin, dass bei extremen Temperaturen die Grenze der menschlichen Anpassungsfähigkeit erreicht wird. Es kommt somit zu Kommentaren, die die psychische Gesundheit der Betroffenen negativ beeinflusst.

„Wenn man von Online-Hassrede betroffen ist, kann das eine ernsthafte Bedrohung für die eigene psychische Gesundheit sein. Aus der psychologischen Fachliteratur wissen wir, dass Online-Hass vor allem bei jungen Menschen und Angehörigen von Minderheiten zu einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit führen kann.“

Klimaschutz auch für psychische Gesundheit essenziell

Laut Anders Levermann zeigt die Studie, dass es beim Menschen eine Anpassungsgrenze für hohe Temperaturen gibt, die womöglich noch unter der Grenze liegt, die die Physiologie unseres Körpers setzt.

„Selbst in einkommensstarken Gebieten, in denen sich die Menschen Klimaanlagen leisten können und andere Möglichkeiten zur Hitzeregulation haben, beobachten wir eine Zunahme von Aggression an extrem heißen Tagen - ab 30 Grad geht es steil nach oben.“

Die Studie zeigt somit deutlich, dass Hassrede im Internet ein weiterer Faktor ist, über den der Klimawandel die psychische Gesundheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Menschen beeinflusst. Die Bekämpfung des Klimawandels ist demnach aus Sicht der psychischen Gesundheit essenziell, erklärt Leonie Wentz.

„Der Schutz unseres Klimas vor einer zu starken Erwärmung ist auch für unsere psychische Gesundheit entscheidend.“

The Lancet Planetary Health, doi: 10.1016/S2542-5196(22)00173-5

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