Lernen, Arbeiten und Co.

Geistige Anstrengung verursacht unangenehme Gefühle

Robert Klatt

Unangenehme Gefühle durch „Kopfzerbrechen“ )kcotS ebodAxneyrD(Foto: © 

Menschen mögen geistige Anstrengung, etwa intensive Lernphasen, im Allgemeinen nicht. Die dabei entstehenden negativen Gefühle liegen auf demselben Niveau wie bei monotoner Arbeit.

Nijmegen (Niederlande). Menschen neigen aufgrund ihrer evolutionären Geschichte dazu, unnötige körperliche Anstrengungen zu vermeiden. Es ist deshalb seit Langem bekannt, dass Menschen körperliche Arbeit grundsätzlich nicht mögen. Forscher der Radboud Universiteit Nijmegen (RU) um Erik Bijleveld haben nun untersucht, ob dies auch auf geistige Anstrengung zutrifft. Dazu haben sie 170 Studien aus dem Zeitraum 2019 bis 2020 analysiert, die insgesamt Daten von 4.670 Probanden aus 29 Ländern enthalten.

Laut der Publikation im Fachmagazin Psychological Bulletin stammen die Probanden aus unterschiedlichen Lebensbereichen, darunter Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen und Soldaten. Sie haben über 350 unterschiedliche kognitive Aufgaben erledigt und anschließend beantwortet, welche Gefühle sie dabei empfunden haben.

Negative Gefühle durch kognitive Anstrengung

Die analysierten Daten zeigen, dass Menschen in allen Fällen von kognitiver Anstrengung negative Gefühle erleben. Auch Menschen, die öfter für intensives Nachdenken belohnt werden, etwa Studenten, die für eine komplexe Prüfung lernen und dadurch eine bessere Note erhalten, empfinden geistig anspruchsvolle Aufgaben als lästig. Die dabei erlebten Gefühle und Gedanken sind ähnlich negativ wie bei Menschen, die eine monotone Arbeit ausführen.

„Es spielt keine Rolle, wo man lebt oder welchen Beruf man hat: Jeder findet geistige Arbeit lästig.“

Laut den analysierten Studien nehmen die unangenehmen Gefühle beim Denken zu, desto größer die geistige Anstrengung ist. Die Metaanalyse offenbart aber, dass es starke regionale Unterschiede gibt. Bei Menschen aus asiatischen Ländern ist die Korrelation zwischen kognitiven Anstrengungen und negativen Gefühlen demnach deutlich schwächer als in Europa und Nordamerika. Die Forscher halten es für wahrscheinlich, dass dafür die Lerngeschichte des Probanden verantwortlich ist. In Asien sind Kinder deutlich länger mit Schularbeiten beschäftigt. Sie könnten deshalb bereits früh lernen, geistige Anstrengung gut zu verarbeiten und entwickeln daher weniger negative Gefühle.

Sudoku, Schach und Co.

Trotz des bestehenden Zusammenhangs zwischen geistiger Anstrengung und negativen Gefühlen lösen Menschen oft komplexe Rätsel wie Sudoku oder spielen anspruchsvolle Spiele wie Schach. Laut den Forscher machen sie dies aber nicht wegen, sondern trotz der geistigen Anstrengung.

„Wir lösen hauptsächlich Sudoku-Rätsel oder spielen Schach oder Candy Crush wegen der Belohnung, nicht weil wir es so sehr genießen.“

Es besteht demnach keine intrinsische Motivation zum intensiven Nachdenken, sondern die Menschen absolvieren die freiwillige geistige Anstrengung vor allem, um ein Erfolgserlebnis zu haben. Die neuen Erkenntnisse können somit dabei helfen, bessere Lehrmaterialien oder bessere Software zu entwickeln, indem man die negativen Gefühle ebenfalls berücksichtigt.

„Wenn Menschen eine neue App oder eine neue Mathematikmethode beherrschen müssen, erfordert dies geistige Anstrengung. Wenn man möchte, dass das funktioniert, sollte man die Nutzer belohnen.“

Psychological Bulletin, doi: 10.1037/bul0000443

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