Robert Klatt
Die Wissenschaft ging lange davon aus, dass die Zufriedenheit ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro nicht durch mehr Geld zunimmt. Nun zeigt eine Studie, dass Millionäre doch glücklicher sind als die Mittelschicht.
Philadelphia (U.S.A.). Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann und Wirtschaftsprofessor Angus Deaton haben im Jahr 2010 eine Studie publiziert, laut der das Glücksniveau eines Menschen ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro nicht durch mehr Geld zunimmt. Laut den Ökonomen nimmt durch ein höheres Einkommen zwar der finanzielle Spielraum zu, aufgrund des abnehmenden Grenznutzen des Geldes aber nicht die Zufriedenheit und das Glücksempfinden.
Inzwischen kamen andere Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen. Forscher der Wharton School der University of Pennsylvania (UPenn) um Matthew Killingsworth haben beispielsweise eine Studie publiziert, laut der das Glücksniveau eines Menschen nahezu linear mit seinem Einkommen zunimmt.
Nun haben die Forscher um Killingsworth erneut den Zusammenhang zwischen dem Einkommen und der Lebenszufriedenheit untersucht. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Happiness Science haben sie dazu Umfragedaten von 33.269 Angestellten aus den U.S.A. und zwei Studien zur Zufriedenheit von Millionären analysiert. Die Probanden haben ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 1 (sehr unzufrieden) bis 7 (sehr zufrieden) bewertet.
Laut den Daten haben Menschen mit einem geringen Einkommen im Mittel eine Lebenszufriedenheit von 4, die auf der Skala der Mitte entspricht. Nimmt das Einkommen zu, steigt auch die Lebenszufriedenheit. Am höchsten war diese mit einem Wert von 6 bei den reichsten Probanden, die ein Vermögen zwischen 3,5 und 7 Millionen Euro besitzen.
„Der Unterschied bei der Zufriedenheit mit dem eigenen Leben zwischen den Reichen und den Menschen mit einem Haushaltseinkommen von 70.000 bis 80.000 Dollar im Jahr ist fast dreimal so groß wie der zwischen 70.000 bis 80.000 Dollar Einkommen und den beiden niedrigsten Einkommensgruppen.“
Laut Killingsworth belegen die untersuchten Daten jedoch auch, dass Geld allein nicht glücklich macht. Im Durchschnitt sind Menschen mit einem hohen Einkommen oder Vermögen aber deutlich zufriedener als Menschen aus der Unter- und Mittelschicht.
„Geld ist nur einer der Faktoren, die Glück ausmachen. Ein kleiner Unterschied im Einkommen macht auch nur einen kleinen Unterschied bei der Zufriedenheit. Aber wenn die Unterschiede in Einkommen oder Vermögen sehr groß werden, können es die Unterschiede im Glück eben auch werden.“
Killingsworth erklärt, dass die höhere Lebenszufriedenheit vor allem dadurch entsteht, dass Menschen mit einem höheren Einkommen im Durchschnitt freiere Lebensentscheidungen treffen können als Geringverdiener. Außerdem haben sie weniger finanzielle Sorgen und können unangenehme Aufgaben an andere Menschen abgeben. Dadurch können sie deutlich öfter die schönen Aspekte des Lebens genießen als Menschen mit wenig Geld.
„Ich denke, ein großer Teil kommt daher, dass Menschen mit mehr Geld auch mehr Kontrolle über ihr Leben haben. Mehr Freiheit, so zu leben, wie sie möchten.“
Die Lebenszufriedenheit nicht also nicht direkt durch das höhere Einkommen zu, sondern durch die freiere Gestaltung des Alltags. Laut Killingsworth kann ein höheres Einkommen aber auch die Lebenszufriedenheit reduzieren, etwa wenn Menschen zu lange Arbeiten, um an mehr Geld zu kommen.
„Ironischerweise interessiert mich Glück vor allem deshalb, weil Geld eigentlich nur so ein kleiner Teil der Gleichung ist, auch wenn wir bereits hochmotiviert sind, danach zu streben. Es ist aber möglich, dass wir andere Quellen des Glücks opfern, um mehr Geld zu bekommen. Und dass das dann unser Glück senkt, statt es zu vergrößern. Selbst, wenn dem Geld ein positiver Effekt zugesprochen wird.“
Anzumerken ist zudem, dass an der Studie keine außergewöhnlich reichen Menschen mit einem Milliardenvermögen teilgenommen haben. Es ist deshalb denkbar, dass eine Einkommens- und Vermögensgrenze existiert, ab der die Lebenszufriedenheit wieder abnimmt.
„Wenn es eine solche Grenze gibt, scheint sie auf jeden Fall deutlich höher zu sein als einige hunderttausend Dollar im Jahr.“